Anamnese: Im Anschluss an eine mehrtägige Klassenfahrt war ein 10-jährige Junge erschöpft und hatte laut Eltern in den folgenden Tagen auffällig „müde Augen“. Seitdem ging er abends deutlich früher als im Zeitraum vor dem Ausflug schlafen und klagte auch über frontalen Kopfschmerz.

Befunde: In der Aufnahmeuntersuchung fand sich eine isolierte Ptosis beidseits (Abb. 1) ohne Doppelbilder. Im „quantitativen Myasthenia gravis Score“ wurde ein nur geringer Punktwert erreicht. Im Pyridostigmin-Belastungstest (1 mg absolut i. v.) zeigte sich eine geringe (mehr subjektiv empfundene) Besserung der maximalen Augenöffnungsweite und der Lidschlagfrequenz. Es erfolgte eine Videodokumentation vor- und nachher. Zahlreiche weitere Untersuchungen (u. a. Nervenleitgeschwindigkeit, Lungenfunktion, Sonografien von Thymus, Abdomen und Herz, EEG sowie zerebrales MRT) wie auch Antikörperdiagnostik (u.a. Acetylcholinrezeptor-Antikörper und weitere laut S2k-AWMF-Leitlinie 030/087 Diagnostik und Therapie der Myasthenia gravis und des Lambert-Eaton-Syndroms, 2017) ergaben komplett unauffällige Ergebnisse.

Abb. 1
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10-jähriger Junge mit beidseitiger Ptosis

© T. Hoppen

Diagnose: Im Liquor fanden sich Borrelien-Antikörper: Borrelien-IgG-Index im Liquor/Serum 3,08 (Norm < 1,5; inklusive 6 spezifische IgG-Banden im Immunoblot). Zudem bestand eine geringe lymphozytäre Pleozytose und eine Schrankenstörung. Die Diagnose einer Neuroborreliose wurde gestellt.

Verlauf: Über 14 Tage wurde daraufhin Ceftriaxon intravenös appliziert. Wenige Tage nach dem Therapiestart kam es bereits zur anhaltenden Besserung, insbesondere der Oberlid-Symptomatik. Gegen Ende der Antibiotikatherapie klagte der Patient über Schmerzen im rechten Oberbauch. Sonografisch zeigten sich neu aufgetretene Konkremente in der Gallenblase, die zu Beginn der Therapie nicht nachweisbar waren. Wir werteten diese somit als Nebenwirkung der Ceftriaxon-Therapie. In einer späteren Verlaufskontrolle war die Gallenblase wieder unauffällig.