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Fachliche Betreuung: Dr. Christina Lampe, Zentrum Seltene Erkrankungen, Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden

Beschreibung: Die Alpha-Mannosidose ist eine seltene lysosomale Speicherkrankheit. Durch einen Gendefekt kommt es zu Myopathien, möglich sind außerdem Skelettanomalien, kognitive Defizite, eine Schwerhörigkeit und Störungen der Immunabwehr.

Prävalenz: Etwa 1 : 500.000 Lebendgeburten.

Erbgang: Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt. Durch Mutationen im MAN2B1-Gen auf dem Chromosom 19 (19p13.2-q12) kommt es zum Defekt des lysosomalen Enzyms Alpha-Mannosidase.

Einteilung: Je nach Schweregrad der Symptome wird die Alpha-Mannosidose klinisch in drei Gruppen unterteilt [1].

  • Typ 1: Milde Form, die sich nach dem 10. Lebensjahr mit einer Myopathie manifestiert. Sie schreitet langsam voran, Skelettanomalien fehlen.

  • Typ 2: Moderate Form, die am häufigsten vorkommt. Sie zeigt sich vor dem 10. Lebensjahr mit Skelettanomalien und einer Myopathie. Auch sie schreitet langsam voran.

  • Typ 3: Schwere Form, die durch ein schnelles Fortschreiten neurologischer Symptome zu einer Fehlgeburt oder frühem Tod führen kann.

Pathophysiologie: Durch den Defekt des Enzyms Alpha-Mannosidase kommt es zu einer Anreicherung von Mannosidose-Zucker in bestimmten Zellen. Diese sterben dann ab oder sind in ihrer Funktion eingeschränkt.

Klinik: Die Symptome können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie reichen von kognitiven Einschränkungen und einer Schallempfindungsschwerhörigkeit, über Vergrößerung von Leber oder Milz und einer Immundefizienz, bis zu Anomalien des Skelettsystems. Häufig haben die Kinder charakteristische Gesichtszüge mit vorstehender Stirn, gerundete Augenbrauen, plattem Nasenrücken, kleiner Nase, breitem Mund, Makroglossie, weit auseinanderstehenden Zähnen und Progenie.

Die betroffenen Kinder können bei Geburt noch normal erscheinen, ihr Zustand verschlechtert sich aber zunehmend. Einige Kinder zeigen schon bei Geburt einen Klumpfuß oder entwickeln als Säugling einen Hydrozephalus. Andere fallen erst durch andauernde Infekte im Kleinkindalter oder eine Schwerhörigkeit auf. Durch die Vielfalt der Symptome, die häufig von unterschiedlichen Ärzten behandelt wird, kann es sehr lange dauern, bis die Diagnose feststeht [2].

Die Progression der Schwerhörigkeit und der kognitiven Defizite endet im Erwachsenenalter. Aber die Skelettverformungen halten an und können dazu führen, dass die Patienten häufig operiert werden müssen und schließlich auf einen Rollstuhl angewiesen sind.

Diagnose: Durch Messung der Alpha-Mannosidase-Aktivität in Leukozyten oder anderen kernhaltigen Zellen kann die Verdachtsdiagnose gestellt werden, die dann durch eine molekulare Analyse bestätigt wird [2]. Vermehrtes Ausscheiden von Mannose-reichen Oligosacchariden reicht nur als Verdachtsdiagnose, ist aber nicht spezifisch genug, um einen Alpha-Mannosidose-Mangel zu diagnostizieren.

Therapie: In der Vergangenheit hatte man große Hoffnung in die Stammzelltherapie der Patienten gelegt. Sie war allerdings mit einer hohen Mortalität verbunden [3]. Vielversprechender scheint daher eine neue Enzymersatztherapie mit dem Wirkstoff Velmanase alfa (Lamzede®) zu sein. Sie zeigte zumindest in einer placebokontrollierten Studie an 25 Patienten über 52 Wochen gute Erfolge. Dabei wird wöchentlich die rekombinante Version des fehlenden Enzyms infundiert. Bei einigen Patienten verbesserten sich durch die Behandlung Bewegungsfähigkeit und Lungenfunktion. Da der Wirkstoff die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, ist eine Verbesserung der neurologischen Symptome nicht zu erwarten. Der Wirkstoff ist seit Juli 2018 zugelassen.