Ist der intraossäre Notfallzugang bei der Reanimation eines Neugeborenen eine echte Option? Eine aktuelle Simulationsstudie in „Pediatric Critical Care Medicine“ liefert Daten, die nicht so einfach zu ignorieren sind.
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Für diese Studie wurden 59 videodokumentierte, simulierte Neugeborenen-Reanimationen (Asphyxieszenarien) in realen Erstversorgungsräumen von 16 unterschiedlichen österreichischen und deutschen Krankenhäusern retrospektiv analysiert. Dabei ergab sich, dass die komplette Anlage eines intraossären Notfallzugangs (IO, Abb. 1) im Vergleich zum Nabelvenenkatheter (NVK) am Mannequin deutlich rascher funktionierte (86 vs. 199 sec). In 52,5 % der Simulationen wurde die Anlage einer peripheren Verweilkanüle für im Mittel 93 sec (Range 24–211 sec) erfolglos versucht, 47,5 % der Behandelnden entschieden sich gleich für einen NVK oder eine IO-Kanüle. 17 Teams wählten den NVK, 42 den IO. Die NVK-Anlage dauerte in kleineren Einrichtungen tendenziell etwas länger. Grundsätzlich kosteten die Vorbereitungen für einen NVK im Vergleich zum IO-Zugang deutlich mehr Zeit.
Kommentar
Laut European Resuscitation Council (ERC) ist der NVK bei der Reanimation des unmittelbar Neugeborenen die erste Wahl als intravenöser Zugangsweg. Allerdings ist seine korrekte Anlage während einer Herzdruckmassage schwierig. Wenn nicht innerhalb von 60 sec ein peripherer Venenzugang etabliert werden kann, empfiehlt und erwartet das ERC nur jenseits des Neugeborenenalters die Anlage einer IO-Kanüle. Interessanterweise zogen in der vorgestellten Studie Mitarbeiter kleinerer Krankenhäuser prozentual öfter den IO-Zugang dem NVK vor als es Teams großer Perinatalzentren taten. Eine Randomisierung fand leider nicht statt. Natürlich kann die Simulation an einer standardisierten SimNewB (Laerdal Medical) „vom Fließband“ nur begrenzt mit der Individualität eines immer anderen Neugeborenen „im echten Leben“ verglichen werden.
Wahrscheinlich lassen sich nur im idealen Modell derart unglaublich kurze Zeiten erreichen! Auch mögliche Extravasate, Kompartmentsyndrome oder Frakturen waren nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Laut Autoren des Editorials bleibt die Sicherheitsfrage unbeantwortet [Sawyer T et al. Pediatr Crit Care Med 2018;19:499-501]. So regen diese Autoren das Training von „speed-focused“-NVK-Anlagen oder die „Fast-Cath“-Technik mit einer Braunüle über die periphere Nabelvene an (Abb. 2). Als Fazit bleibt: Verbesserungen struktureller Art am Arbeitsplatz, Ressourceneinsatz, Umsetzung von definierten Handlungspfaden und Qualität von Teamkommunikation sind Kernelemente eines In-situ-Simulationstrainings. Inhaltliche Ergebnisse wie die hier vorgestellten bedürfen der Überprüfung bezüglich Effektivität und Sicherheit mittels Multicenter-Studien am Patienten.
Literatur
Schwindt EM et al. Duration to establish an emergency vascular access and how to accelerate it: a simulation-based study performed in real-life neonatal resuscitation rooms. Pediatr Crit Care Med 2018;19:468–76
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Hoppen, T. Zwei Zugänge beim kritisch kranken Neugeborenen im Vergleich. Pädiatrie 30, 9 (2018). https://doi.org/10.1007/s15014-018-1450-2
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