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Dr. med. Ulrich Mutschler, Hamburg

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Alopecia areata bei einer jungen Frau

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

Die Alopecia areata ist eine komplexe Autoimmunerkrankung, die zu einem charakteristischen, nicht vernarbenden Haarausfall führt. Sie präsentiert sich typischerweise mit scharf abgegrenzten runden Herden und kann in jedem Alter auftreten. Die psychologischen Auswirkungen können zu Depressionen und sozialer Isolation führen. Die Krankheit erscheint bei ausgeprägten Fällen fast „unheilbar“ und dies, obwohl seit Jahren intensiv geforscht wird. Traditionelle Behandlungsoptionen wie Kortikosteroide sind leider nur mäßig wirksam und die Rezidivraten hoch.

Die Arbeit von Darwin et al. aus Florida gibt einen aktuellen, ausführlichen Überblick über alle Aspekte dieser Erkrankung [1]. Schwerpunkt ist der bunte Strauß von bisher im Tierversuch oder kleinen klinischen Studien überprüften Behandlungsverfahren, die von Abatacept (Immunsuppressivum bei rheumatologischer Erkrankungen) über Antidepressiva (Imipramin und Paroxetin), Quercetin (entzündungshemmendes Bioflavonoid), Parathormon (Stimulator des Haarzyklus), plättchenreiches Plasma, Statine (besitzen entzündungshemmende/immunmodulatorische Wirkung) und topischer Valproinsäure bis zu Microneedling und Elektroakupunktur reichen. Die Autoren schlussfolgern, dass noch keine der neuen Therapieansätze so ausführlich überprüft worden sei, dass ihre Anwendung empfohlen werden könnte.

Das Verständnis der genauen Mechanismen des Haarausfalls bei Alopecia areata ist von großer Wichtigkeit, um die Identifizierung potenzieller Therapeutika zu ermöglichen. Die Arbeit eines internationalen Autorenteams [2] beschäftigt sich daher intensiv mit den verschiedenen Hypothesen zur Entstehung der Autoimmunphänomene, die von einem durch Umweltfaktoren gestressten Haarfollikel mit konsekutiver Antigenpräsentation bis zur Dysregulation im zentralen Immunsystem reicht.

Die dritte und letzte, spezifisch pädiatrische Arbeit aus den USA von Iris Wohlmuth-Wieser et al. [3] greift auf Daten des National Alopecia Areata Registers zurück und beschreibt epidemiologische und klinische Merkmale von insgesamt 2.218 Kindern und Jugendlichen, die sich in ein webbasiertes Register eingetragen hatten. Das mittlere Erkrankungsalter lag bei circa 6 ± 4 Jahren. Mädchen hatten zwar häufiger als Jungen eine Alopecia areata (Verhältnis 1,5 : 1), aber letztere hatten signifikant schwerere Verläufe (p = 0,009).

Fast zwei Drittel (61,4 %) aller teilnehmenden Probanden beschrieben eine schwere Form der Alopecia areata und hatten am Kopf 76–100 % der Haare verloren. Circa 40 % wiesen darüber hinaus auch eine Beteiligung der Nägel auf. Bei einem Viertel aller Kinder bestand eine positive Familienanamnese, 8 % hatten sogar mehr als drei betroffene Verwandte. Die am häufigsten mit einer Alopecia areata verbundene Erkrankung war die atopische Dermatitis (bei einem knappen Drittel).

Kommentar

Neben der eher leichteren, klassischen Form der Alopecia areata gibt es schwere Verlaufsformen mit Alopecia universalis („total body hair loss“), Alopecia totalis (totaler Haarausfall der Kopfhaut) oder Alopecia mit Ophiasis-Muster (bandartiger Haarausfall temporal oder okzipital). In größeren epidemiologischen Studien wird von begleitenden Nagelveränderungen mit einer Inzidenz von 7–66 % berichtet; weitere assoziierte Autoimmunerkrankungen sind vor allem Schilddrüsenerkrankungen (8–28 %) und Vitiligo (1,8–16 %) sowie Atopien (1–52 %).

Für die Behandlung der Alopecia areata gibt es leider aktuell nur wenige qualitativ hochwertige randomisierte, kontrollierte Studien. Neben den klassischen Therapieverfahren mit topischen oder systemischen Kortikosteroiden sowie der Immun- und Lichttherapie sind zwar viele weitere Medikamente auf dem Prüfstand, aber aktuell ist noch keine bahnbrechende Entdeckung erkennbar. Glücklicherweise kann eine Alopecia areata spontan ausheilen, wobei der Zeitraum für das Nachwachsen durchaus viele Monate bis einige Jahre betragen kann.