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Steckbrief seltene Erkrankungen
In dieser Rubrik stellen wir Ihnen kurz und knapp „Orphan Diseases“ vor, bei denen es aktuell neue Erkenntnisse zu Diagnostik und Therapie gibt.
Beschreibung: Die neuronale Ceroidlipofuszinose (NCL) oder auch „Kinderdemenz“ ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der Nervenzellen absterben. Sie gehört zu der Gruppe der lysosomalen Speichererkrankungen.
Prävalenz: etwa 1 : 100.000 Lebendgeburten; je nach geografischer Lage und Unterform ist die Prävalenz sehr unterschiedlich (z.B. in angelsächsischen Ländern ca. 1 : 12.500 Lebendgeburten).
Genetik/Erbgang: Bei der NCL liegt ein Gendefekt bei einem von 14 unterschiedlichen CLN-Genen vor. Mittlerweile sind 14 NCL-Typen (CLN1-CLN14) bekannt. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv weitervererbt, nur die adulte Form kann auch dominant vererbt werden. In Deutschland liegt bei zwei Drittel der NCL-Fälle ein Defekt des CLN2- oder CLN3-Gens vor.
Einteilung: Die Erkrankung wurde lange Zeit nur nach der klinischen Erscheinung und dem Erkrankungsalter eingeteilt: infantile (CLN1), spätinfantile (CLN2), juvenile (CLN3) und adulte (CLN4) Form. Heute wird neben dem klinischen Bild auch die assoziierte Genmutation berücksichtigt.
Pathophysiologie: Den verschiedenen Formen liegen Enzymdefekte oder Defekte von Membranproteinen zugrunde. Dadurch resultiert eine unterschiedliche Ausprägung der Symptome in Bezug auf ihre Reihenfolge und Erkrankungsalter. Jedoch ist immer das ZNS betroffen. Die CLN1 wird beispielsweise durch eine Mutation in der Palmitoylprotein-Thioesterase hervorgerufen. Dies führt dazu, dass sich in Zellen „granular osmophilic deposits“ (GRODS) anlagern. Bei der CLN2 ist dagegen die Tripedtidylpeptidase 1 (TPP 1) mutiert. In der Folge lagern bei dieser Form — und auch bei der CLN3 — Neurone und andere Körperzellen autofluoreszierendes Pigment (Ceroidlipofuszin) an. Dieses besteht vor allem aus hochkonzentrierter ATP-Synthase.
Klinik: Erstsymptome der NCL sind fast immer Krampfanfälle und Sprachentwicklungsverzögerung, auch Ataxie bzw. Bewegungsstörungen können auftreten. Alle Lipidfuszinosen gehen mit Sehstörungen bis zur Erblindung und zerebralen Einbußen einher.
Diagnose: Für die Basisdiagnostik reicht Trockenblut auf einer Filterkarte (Guthriekarte) und 5 ml EDTA-Blut aus. Damit sollte eine enzymatische Untersuchung auf einen CLN1-, CLN2- oder CLN10-Defekt und die molekulare Analyse der häufigsten CLN3-Mutationen veranlasst werden (Abb. 1).
Therapie: Seit Juli 2017 steht für die CLN2 eine kausale Therapie zur Verfügung. Das fehlende Enzym TPP 1 wird künstlich hergestellt und den Kindern als intrazerebroventrikuläre Infusion (Brineura®) verabreicht. Bei einem Großteil der Kinder wird das Fortschreiten der Erkrankung damit verzögert. Für die anderen CLN-Formen gibt es bis heute keine kausale Therapie. Einige Gen-, Stammzell- und Enzymersatztherapien werden derzeit getestet.
Quellen
Geraets RD et al. Orphanet Journal of Rare Diseases 2016;11:40
Steinfeld R. Ophthalmologe 2010;107:616-20
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Grosse, H. Neuronale Ceroidlipofuszinose. Pädiatrie 29, 42 (2017). https://doi.org/10.1007/s15014-017-1160-1
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DOI: https://doi.org/10.1007/s15014-017-1160-1