Eine 34-jährige Frau war gegen eine Glaswand gefallen, die geborsten war. Im Krankenhaus wurden ihr mehrere in und unter der Haut steckende Scherben entfernt. Auf diesen Schreck folgte wenig später eine gute Nachricht: Sie war in der 13. Woche schwanger.

In der 18. Schwangerschaftswoche (SSW) begannen sie Schmerzen in der rechten Flanke zu plagen. Man enschied sich für einen CT-Scan, wobei man sich wegen der Schwangerschaft auf das obere Abdomen beschränkte. Dabei entdeckte man rechtsseitig eine 9 cm lange Glasscherbe, die bis hinauf ins Hypochondrium ragte. Doch damit nicht genug: Auf der gegenüberliegenden Köperseite war ein 3 cm langes Glasstück an der Dorsalseite des Colon descendens zu sehen (Abb. A). Im Zuge eines interdisziplinären Austauschs entschied man sich dafür, die - eher stumpf wirkenden - Scherben an Ort und Stelle zu belassen, engmaschig zu kontrollieren und im Rahmen des geplanten Kaiserschnitts zu entfernen.

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A: Zwei Glasfragmente (Pfeile).

Zusätzliche Brisanz erhielt die Situation in der 33. SSW, als ein etwas umfänglicheres CT angefertigt wurde - und eine weitere 6 cm lange Scherbe im unteren Becken gefunden wurde! Das im Douglas-Raum liegende Fragment konnte in dieser Phase der Schwangerschaft nicht mehr entfernt werden, und so blieb man bei dem Plan.

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B: Scherbe im Becken (Pfeil).

In der 36. SSW wurde per Kaiserschnitt ein gesundes Mädchen auf die Welt geholt. Unmittelbar im Anschluss wurden die drei Fragmente geborgen. Nur das 9 cm lange Stück hing fest im Bauchnetz, die anderen beiden waren frei beweglich. Die Operation dauerte 2:14 Stunden, die Frau verlor einen halben Liter Blut.

Ende gut, alles gut - allerdings hat die Geschichte noch eine schaurige Pointe. Die drei Bruchstücke ließen sich nämlich nahtlos zu einer einzigen Scherbe zusammenfügen (Abb. C). Dies bedeutet im Prinzip zwingend, dass dieses große Stück erst im Körper zerbrochen war und die Einzelteile sehr wohl gewandert waren.

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C: Lokalisation der Scherben.

Nach Unfällen mit penetrierenden Glaswunden sollte eine MRT-, besser noch eine CT-Untersuchung unbedingt erwogen werden.

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© J Med Case Rep. 2024;18:74

D: Extrahierte Teile passen zusammen!

Quelle: Inoue K, Yabe S, Kashiwabara S et al. A pregnant woman with long-standing, retained intraabdominal glass shards who gave birth to a live infant with no complications: a case report. J Med Case Rep. 2024;18:74