Um Gelenkdestruktionen und weitere Schäden zu verhindern, sollten Rheumaerkrankte schnellstens fachspezifisch versorgt werden. Aber wie lassen sich geschwollene Gelenke oder nächtliche Kreuzschmerzen richtig einordnen? Der Koblenzer Orthopäde Dr. Ulrich Illgner riet auf dem Ortho Trauma Update: Schuhe ausziehen lassen und die Zehen ansehen!

Die S3-Leitline "Management der frühen rheumatoiden Arthritis", die sich explizit an Hausärztinnen und -ärzte richtet, macht deutlich, dass es sich um eine Systemerkrankung handelt, die unbehandelt nicht nur Gelenke zerstört, sondern auch Organe wie Herz und Lunge angreift. Die Rolle des Hausarztes besteht laut Illgner in der "Gatekeeper-Funktion": Im Verdachtsfall sei eine rheumatologische Abklärung unerlässlich.

Wissen sollte man, dass weibliches Geschlecht, höheres Alter, Adipositas und eine verzögerte Therapie mit DMARD (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) mit einer eher schlechten Prognose verknüpft sind, so der Facharzt mit Zusatzbezeichnung Orthopädische Rheumatologie. In der Therapie der axialen Spondylarthritis spiele die frühe Diagnose und Einleitung einer kausalen Therapie eine entscheidende Rolle und NSAR bleiben Therapie der ersten Wahl bei nächtlichem Rückenschmerz mit axialer Manifestation und bei peripherem Gelenkbefall. Bei der Therapie der chronischen Polyarthritis bleibe Methotrexat (MTX) die "Ankersubstanz" und eine frühe Einleitung dieser DMARD-Basistherapie stelle einen "Gamechanger" dar. Neu werde hier in den Leitlinien in Kombination mit MTX die Gabe von Glukokortikoiden in niedrigen bis mittleren Dosen für maximal 6 Monate empfohlen.

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Zehenschwellung: Hinweis auf Rheuma.

Den ganzen Körper untersuchen!

Um zu erkennen, ob Gelenkschwellungen und -schmerzen auf eine Rheumaerkrankung zurückzuführen sind, sei es wichtig, den ganzen Körper zu untersuchen, nicht nur das Gelenk, sagte Illgner. Wenn Patient oder Patientin z. B. über ein verdicktes Fingergelenk klage, solle man sich in jedem Fall auch die Füße anschauen, das werde in der Praxis oft vergessen. Neben einer Daktylitis kann auch eine typische Nagelbeteiligung z. B. mit typischen "Krümelnägeln" Zeichen einer (oft bis zur Untersuchung unentdeckten) Psoriasis sein, die nicht mit einer Nageldystrophie oder Hyperkeratose verwechselt werden darf.

Goldstandard in der Diagnostik sei nach wie vor das Röntgenbild, aber: "Auch die Arthrosonografie ist hier nicht mehr wegzudenken!" Insbesondere Farbdoppler oder Duplexsonografie könnten helfen zu unterscheiden, ob es sich um einen Reizerguss bei aktivierter Arthrose oder eine aktive Synovialitis handle.

Gerade beim Verdacht auf eine axiale Spondyloarthritis rät Illgner zum Therapieversuch mit NSAR (s. Infobox 1). Ibuprofen 400 mg sei aufgrund der kurzen Halbwertszeit meist nicht ausreichend, wohl aber Ibuprofen 800 mg retard: "Wenn der Patient morgens aufsteht und sagt, es ist alles weg, dann zählt das auch als Diagnose-Tool."

Eine geringere Rolle in der Rheumadiagnostik als angenommen spielt laut Illgner das Labor: "Das ist ein ganz kleines Mosaiksteinchen und kommt erst am Ende!" Voraussetzung für den Einsatz sei der klinische Verdacht: "Sie brauchen ein zweifelsfrei entzündetes Gelenk!" Ein positiver Laborwert ohne entsprechenden Befund sei wertlos, schlimmer noch: "Einen nachgewiesenen Rheumafaktor kriegt ihr Patient nicht mehr aus dem Kopf."