Dieser Beitrag beleuchtet eine Auswahl relevanter Neuerungen aus der Lungenheilkunde für die hausärztliche und internistische Praxis. Was hat sich in der Therapie des schweren Asthma bronchiale getan? Wie wirkt sich der GOLD-Bericht 2023 auf die Behandlung der COPD aus?

Asthma bronchiale

Neue Therapieoptionen bei schwerem Asthma

Beginnend mit den obstruktiven Atemwegserkrankungen, haben sich in den letzten Jahren besonders beim schweren Asthma bronchiale neue therapeutische Möglichkeiten durch den Einsatz von monoklonalen Antikörpern etabliert.

Beim Asthma bronchiale handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Atemwegserkrankung, die aufgrund von bronchialer Hyperreagibilität bzw. Atemwegsobstruktion in variierender Häufigkeit und Ausprägung Beschwerden wie Luftnot, giemende Atemgeräusche, Husten und/oder ein thorakales Engegefühl auslöst [1].

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© motortion / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Monoklonale Antikörper erweitern die Therapiepalette bei schwerem Asthma.

Ein schweres Asthma bronchiale liegt vor, wenn nach sorgfältiger Diagnosestellung sowie Optimierung der pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Therapien inklusive Überprüfung der richtigen Inhalationstechnik, bei einer Patientin oder einem Patienten eine unzureichende Asthmakontrolle vorliegt - trotz bestehender Erhaltungstherapie mit einem hochdosierten inhalativen Kortikosteroid (ICS) und mindestens einer weiteren Erhaltungsmedikation (inhalatives langwirksames β2-Mimetikum, oraler Leukotrien-Rezeptor-Antagonist und/oder orales Kortikosteroid [OCS] > 6 Monate/Jahr) [1, 2].

Grundlegend kann zwischen einem allergischen ("Th2*-high") und einem nicht-allergischen ("Th2*-low") Asthma bronchiale unterschieden werden. *Th2 bezieht sich auf die Aktivierung von Helfer-T-Lymphozyten Typ 2.

Phänotypisierung: Voraussetzungen für die Biologika-Therapie

Durch die Bestimmung von Biomarkern kann eine weitere Unterteilung in verschiedene Asthma- Phänotypen erfolgen. Diese umfasst die Quantifizierung der Eosinophilenzahl im peripheren Blut, die Bestimmung des Gesamt-IgE sowie die lungenfunktionelle Messung des FeNO (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid = Marker für eosinophile Entzündungskomponente in den Atemwegen). Je nach vorliegendem Biomarker-Profil (Phänotypisierung) kann so eine differenzierte Auswahl hinsichtlich der unterschiedlichen monoklonalen Antikörper zur Behandlung eines schweren Asthmas getroffen werden.

Die Wirkungsmechanismen der bislang zur Verfügung stehenden Biologika richten sich dabei entweder gegen IgE (Omalizumab), gegen Interleukin 5 (IL-5) (Mepolizumab, Reslizumab) bzw. den IL-5-Rezeptor (Benralizumab) oder gegen IL-4/IL-13 (Dupilumab).

Neuzulassung eines weiteren Biologikums

Seit Ende 2022 steht mit der Zulassung von Tezepelumab nun auch in Deutschland ein weiteres Biologikum zur Behandlung des schweren Asthmas zur Verfügung. Tezepelumab blockiert die Wirkung des Zytokins TSLP (Thymus-Stroma-Lymphopoietin) und setzt weiter oben in der Entzündungskaskade direkt am Atemwegsepithel an. Hierdurch weist es ein breiteres Wirkungsspektrum als bisherige monoklonale Antikörper auf, welches unabhängig vom Asthma-Phänotyp ist.

Wie durch die anderen Biologika können auch durch Tezepelumab die Anzahl schwerer Asthmaanfälle (Exazerbationen) reduziert sowie die Lebensqualität und Lungenfunktion der behandelten Patienten gebessert werden [3]. Für Betroffene mit schwerem Asthma, die von einer OCS-Dauertherapie abhängig sind, wird das Therapieziel einer erfolgreichen Reduktion bzw. des Absetzens der OCS-Medikation jedoch seltener erreicht als bei Behandlung mit einem der anderen zugelassenen monoklonalen Antikörper [3, 4, 5].

Das in den vorliegenden Studien ermittelte Nebenwirkungsprofil von Tezepelumab ist vergleichbar mit denen der anderen, bereits länger verfügbaren monoklonalen Antikörper bei schwerem Asthma bronchiale. Es umfasst insbesondere Pharyngitis, Arthralgie, Hautausschlag und Reaktionen an der Injektionsstelle [3, 4, 6]. Die publizierten Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Tezepelumab schließen derzeit einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren ein [6].

Die Indikationsstellung und Einleitung einer Biologikatherapie sollte durch pneumologische Fachärzte mit Erfahrung in der Versorgung von schwerem Asthma erfolgen [1].

Änderungen bei der inhalativen Therapie

Hinsichtlich der inhalativen Behandlungsoptionen bei Asthma bronchiale ist zu erwähnen, dass seit Ende 2022 eine höhere ICS-Dosierungs-Komponente in einer festen Tripelkombination in einem Dosieraerosol zu Verfügung steht. Es kann auch mittels Inhalierhilfe angewendet werden. Es beinhaltet folgende Dosierungszusammensetzungen aus inhalativem Kortikosteroid, langwirkendem β2-Mimetikum und langwirksamem Anticholinergikum (ICS/LABA/LAMA): neu 172 µg Beclomethason/5 µg Formoterol/9 µg Glycopyrronium (zuvor 87 µg Beclomethason/5 µg Formoterol/9 µg Glycopyrronium).

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Vereinfachte Einteilung ...

Im Bereich der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) ist der aktualisierte GOLD(Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease)-Bericht 2023 nennenswert [7]. Die Diagnose COPD wird hier unverändert bei entsprechender Symptomatik und spirometrisch nachgewiesener Atemwegsobstruktion gestellt (post-Bronchodilatator Tiffeneau-Index < 0,7; FEV1/FVC = Verhältnis aus forciertem expiratorischen Volumen in einer Sekunde und forcierter Vitalkapazität).

Neu ist die vereinfachte Einteilung der COPD in drei Untergruppen (A, B und E) abhängig von Symptomlast und Exazerbationen.

... und Auswirkungen auf die Therapie

Auf der neuen Einteilung basierend wird die initiale Entscheidung hinsichtlich der inhalativen Behandlungsoptionen nach der Exazerbationshäufigkeit und -schwere getroffen. Grundlegend wird hier eine bronchodilatative Medikation mit einem langwirkenden inhalativen β2-Mimetikum (LABA) und/oder Anticholinergikum (LAMA) empfohlen.

Eine wesentliche Neuerung ist hier der Wegfall der ICS-Therapie bei COPD, sofern keine vermehrten bzw. schweren Exazerbationen und kein Überlappen mit einem Asthma bronchiale vorliegen. Auch eine Kombination aus ICS und LABA ist nicht mehr vorgesehen. Dennoch besteht auch bei COPD im Fall häufig auftretender bzw. schwerer Exazerbationen und/oder peripherer Eosinophilie ≥ 300/µL (unter bestimmten Bedingungen ≥ 100/µL) eine optionale Empfehlung zu einer Therapie mit ICS, allerdings in Kombination mit LAMA und LABA (s. Abb. 1). Zudem wird zur Verbesserung der Therapieadhärenz allgemein angeregt, die inhalative Medikation nach Möglichkeit durch ein einziges Inhalationssystem zu verabreichen.

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Initiale pharmakologische Therapieempfehlungen nach dem GOLD-Bericht 2023 [7]

Impfstatus bei COPD-Patienten überprüfen

Zur weiteren Exazerbationsprävention wird darauf hingewiesen, bei Patienten mit COPD auf einen aktuellen Impfstatus gegen Influenza, Pneumokokken, Pertussis und SARS-CoV-2 nach Maßgabe nationaler Leitlinien zu achten [7].

Interstitielle Lungenerkrankungen

Aktualisierte Leitlinie publiziert

Auf dem Gebiet der interstitiellen Lungenerkrankungen wurde 2022 eine aktualisierte nationale Leitlinie zur "Pharmakotherapie der idiopathischen pulmonalen Fibrose (ein Update) und anderer progredienter pulmonaler Fibrosen" veröffentlicht [8]. Diese ist via Smartphone, Tablet oder PC in der LeiLa-App bzw. unter "www.leila.de" einfach zugänglich [8].

Erneut wird hier auf die aktuellen Indikationen einer antifibrotischen Therapie eingegangen, welche bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) weiterhin den Behandlungsstandard darstellen. Zudem ist eine antifibrotische Therapie mit Nintedanib auch bei anderen interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) indiziert, wenn diese einen progredient fibrosierenden Verlauf zeigen. Hierfür schildert die Leitlinie detailliert die erforderlichen klinischen, bildmorphologischen und/oder funktionellen Kriterien, welche die Progredienz einer ILD definieren. Zudem wird auch auf relevante Unterschiede zwischen der nationalen und internationalen ILD-Leitlinie hingewiesen [8, 9].

Meist ist der Verlauf der klinischen Symptomatik und der Lungenfunktion entscheidend. Der dokumentierte Abfall der forcierten Vitalkapazität in der Spirometrie von über 10% in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren erlaubt bereits - bei Ausschluss anderer Ursachen - einen progredient fibrosierenden Verlauf festzustellen. Dieser kann als Grundlage für die Indikation zur antifibrotischen Therapie dienen. Im Einklang mit der neuen internationalen Nomenklatur wird der Terminus "progrediente pulmonale Fibrose" (PPF, vormals "progredient-fibrosierende interstitielle Lungenerkrankung", PF-ILD) eingeführt.

Eine besondere Bedeutung kommt der interdisziplinären Diskussion in einem Board für interstitielle Lungenerkrankungen sowohl bei diagnostischen als auch therapeutischen Entscheidungen zu.

Thorakale Onkologie

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass auch in der thorakalen Onkologie eine Aktualisierung der nationalen S3-Leitlinie zur "Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms" in 2022 veröffentlicht wurde [10]. Diese ist ebenfalls bereits in die LeiLa-App aufgenommen worden.

Lungenkarzinom-Früherkennungsprogramm

In der Leitlinie werden beispielsweise überarbeitete Empfehlungen zu einem Lungenkarzinom-Früherkennungsprogramm mittels jährlichem Low-Dose-Computertomogramm (CT) bei asymptomatischen Personen mit folgenden Risikofaktoren gegeben:

  • Alter zwischen 50 und maximal 75 Jahren,

  • Raucheranamnese von ≥ 15 Zigaretten pro Tag für eine Mindestdauer von 25 Jahren bzw. ≥ 10 Zigaretten pro Tag für mindestens 30 Jahre und

  • fehlende bzw. kürzer als 10-jährige Nikotinkarenz.

Die exakten Anforderungen und Organisationsstrukturen hierfür müssen noch durch verschiedene Einrichtungen sowie das Bundesumweltministerium, den Gemeinsamen Bundesausschuss und mögliche weitere Fachkreise festgesetzt werden. Laut Leitlinie kann die Einführung eines nationalen bzw. europaweiten CT-basierten Lungenkrebs-Screeningprogramms nicht vor 2024 erwartet werden [10].

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Dr. med. Sabine C. Zimmermann

Medizinische Klinik und Poliklinik V, LMU Klinikum der Universität München, Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL)