Die massiven Schmerzattacken bei einer Post-Zoster-Neuralgie können im schlimmsten Fall über Wochen und Monate anhalten. Für den Allgemeinarzt und Impfexperten Prof. Jörg Schelling, Martinsried, sind sie eine Hauptmotivation, seine Patienten und Patientinnen rechtzeitig gegen Herpes zoster zu impfen.

Die Coronapandemie hat auch die Aufmerksamkeit für Herpes zoster erhöht. Berichte über eine enge zeitliche Assoziation von Zosterinfektionen und Covid-Impfungen hatten zu Spekulationen über die Reaktivierung von Varizella-Zoster-Viren als Impfnebenwirkung geführt. Wie Schelling, Mitglied der bayrischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen, in einem Springer-Medizin-Podcast (Infobox 1) berichtet, konnte ein solcher Zusammenhang statistisch aber nicht belegt werden. Eine Verbindung bestehe dagegen zwischen Zoster und Covid-Erkrankungen, aber auch zwischen Zoster und den zusätzlichen Belastungen in der Pandemie wie Isolation und Angst. Schelling: "Für die Viren ist es ein gefundenes Fressen, wenn es den Menschen schlecht geht." Allerdings seien nicht nur Krankheit und belastende Lebenssituationen mögliche Auslöser für einen Zoster, sondern auch Veränderungen des Immunsystems, die etwa bei einem langen Sommerurlaub eintreten können. Vor allem aber sei es die altersbedingte Verschlechterung der Immunantwort. "Ab 60 steigt Jahr für Jahr das Risiko, dass ein Varizella-Zoster-Virus als Gürtelrose wieder zum Vorschein kommt."

Nur 8% haben Impfschutz

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt daher seit 2019 die Zosterimpfung als Standardimpfung für alle ab 60. Geimpft werden soll ausschließlich mit dem Herpes-zoster-Subunit-Totimpfstoff, zwei Dosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten. Der Impfschutz hält dann sicher für acht Jahre, meistens aber länger. "Jeder ab 60 kann und sollte geimpft werden", betont Schelling. Die aktuelle Impfquote ist davon allerdings weit entfernt. Im ersten Quartal 2022 waren bundesweit nur 7,7% der über 60-Jährigen vollständig geimpft (Epidemiologisches Bulletin 49 vom 8.12. 2022). Immerhin 18% der Erstgeimpften hatten innerhalb der Sechs-Monats-Frist keine zweite Dosis erhalten.

Laut STIKO sollen auch 50- bis 60-Jährige mit chronischen Erkrankungen gegen Zoster geimpft werden. Für Erwachsene unter 50 ist die Impfung ebenfalls zugelassen, eine STIKO-Empfehlung gibt es aber nicht, die Erstattung (z. B. bei HIV-Patienten) muss also beantragt werden, was dem Experten zufolge keine Probleme bereitet.

"Zweite Dosis wird besser vertragen"

Bei seinen älteren Patienten und Patientinnen erlebt Schelling Aufgeschlossenheit für die Impfung, sie werde gut angenommen. Allerdings hätten viele auch Respekt davor, weil die hohe Schutzwirkung der Vakzine durch etwas stärkere Nebenwirkungen erkauft wird, "ein bis drei Tage nach der Impfung kann die Schulter ganz schön wehtun und kann man auch abgeschlagen und müde sein mit Muskel- und Gliederschmerzen", so Schelling. Es gebe aber auch Menschen, die von der Impfung nichts merkten und, falls Patienten nach der ersten Dosis Probleme hätten, könne man sie beruhigen, dass die Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis erfahrungsgemäß deutlich schwächer ausfallen.

Patienten, die bereits einen Zoster durchgemacht haben, sind einige Zeit vor einem Rezidiv geschützt, einen langfristigen Schutz vor Gürtelrose haben sie jedoch nicht. Die Impfempfehlung gilt daher explizit auch für sie. Der Zeitpunkt dafür liegt laut STIKO im Ermessen des Arztes, vorausgesetzt, die Hautläsionen sind abgeheilt. Schelling hält zwischen Zosterinfektion und Impfung einen Abstand von sechs bis zwölf Monaten ein.

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Herpes zoster: Jährlich sind rund 400.000 Menschen davon betroffen.

Totimpfstoff nach Lebendimpfstoff

Das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass auch Menschen, die in der Vergangenheit den Herpes-zoster-Lebendimpfstoff erhalten haben, eine vollständige Impfung mit dem Subunit-Totimpfsoff erhalten können (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Herpes_zoster/FAQ-Liste.html, 09.02.2023). In einer Studie war die Impfung im Abstand von fünf Jahren genauso wirksam und sicher wie bei Personen ohne vorherige Impfung mit der Lebendvakzine.

Die Varizellenimpfung in der Kindheit macht die Impfung gegen Herpes zoster im Alter übrigens nicht obsolet: Sie senkt das Risiko zwar erheblich, einen vollständigen Schutz bietet sie laut Schelling aber nicht.