Bei der Entwicklung von psychiatrischen Störungen wie z. B. der Schizophrenie wirken Gene und Umwelt eng zusammen. Cannabiskonsum vor dem 18. Lebensjahr hat verschiedenen Studien zufolge besonders gravierende negative Auswirkungen auf die Psyche.

Bei vielen psychiatrischen Erkrankungen, so auch bei der Schizophrenie, spielen Erbfaktoren eine Rolle. Seit vielen Jahren wird in großen wissenschaftlichen Studien nach spezifischen Genen gesucht, die das Risiko für diese Erkrankung erhöhen können. Erst im April dieses Jahres hat eine große Studiengruppe, die Schizophrenia Working Group of the Psychiatric Genomics Consortium, eine Studie publiziert, wonach 287 Genorte (single nucleotide polymorphisms, SNP's) im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Schizophrenie stehen könnten [1]. Trotz dieser großen Datenmengen ist Prof. Hannelore Ehrenreich, Göttingen, der Ansicht, dass die Wissenschaft bei den genetischen Untersuchungen von psychiatrischen Erkrankungen noch nicht sehr weit gekommen ist. Ihre Arbeitsgruppe verfolgt deshalb einen Ansatz, bei dem genetische und Umwelt-bedingte Daten von Patientinnen und Patienten kombiniert untersucht werden.

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Schon ein Joint kann Jugendlichen schaden.

Quelle: Prof. Hannelore Ehrenreich: Juveniler Cannabis Konsum als Risikofaktor für persistierende Verhaltensstörungen und mentale Erkrankung. Vortrag auf dem 3. Medicinal Cannabis Congress, Berlin, 10.6.2022

Umweltfaktoren als Risikofaktor

Zu den Umweltfaktoren, die bei diesen Forschungen von besonderem Interesse sind, zählen der Wohnort (städtische oder ländliche Wohnumgebung), ein Migrationshintergrund, perinatale Komplikationen, frühzeitiger Cannabis- und Alkoholkonsum sowie Kindheitstraumata wie sexueller oder psychischer Missbrauch. In einer 2014 publizierten Studie mit 750 männlichen Patienten fanden Ehrenreich und ihre Mitarbeiter heraus, dass diese Umweltrisiken vor Beginn des Erwachsenenalters dosisabhängig zu einem jüngeren Alter bei Beginn der Schizophrenie führen können. Menschen, die von vier oder mehr Faktoren betroffen waren, erkrankten fast zehn Jahre früher als Vergleichspersonen. Vor allem ein früher Cannabisgebrauch korrelierte signifikant mit einem vorzeitigen Krankheitsbeginn. Selbst ein einmaliger Cannabiskonsum wirkte sich in diesem vulnerablen Alter negativ aus. Dagegen zeigte die Auswertung der genetischen Faktoren keine vergleichbaren Effekte.

Prävention ist wichtig

Spezifische Umweltrisiken führen nicht nur zu psychiatrischen Erkrankungen und sind auch kein Phänomen dieser Tage. Bereits 1999 hatte Ehrenreich eine Untersuchung mit gesunden Studierenden veröffentlich, bei denen ein Cannabisgebrauch in der frühen Adoleszenz (12.-15. Lebensjahr) zu dauerhaften Effekten auf komplexe und spezifische Aufmerksamkeitsfunktionen im Erwachsenenalter geführt hatte [3]. Eine 2019 publizierte Studie ihrer Arbeitsgruppe hatte gezeigt, dass die Akkumulation von Umweltrisiken auch dazu führen kann, dass Menschen zu gewalttätiger Aggression und Kriminalität neigen [4]. Diese Erkenntnisse sollten laut Ehrenreich unbedingt in Präventionsmaßnahmen münden.