Viele Patientinnen und Patienten leiden an Rückenschmerzen. Diese können die Mobilität, den Schlaf sowie die Lebensqualität einschränken und enorme soziale Auswirkungen haben. Verschiedene Mechanismen oder eine Kombination aus diesen können chronische Rückenschmerzen verursachen. Nur wenn sie berücksichtigt werden, ist eine gezielte Behandlung möglich. Das Vorliegen eines neuropathischen Schmerzanteils ist abzuklären.

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"Kirill Petrenko fällt bei Silvesterkonzert aus. Der Philharmoniker-Chefdirigent muss kurzfristig absagen, wegen 'akut aufgetretener Rückenschmerzen'." Diese Nachricht im Tagesspiegel vom 29. Dezember 2021 verdeutlicht das Thema: Fast jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens zumindest einmal so starke Schmerzen im Rücken, dass diese ihn stark beeinträchtigen.

Rückenschmerzen sind in der Gesamtbevölkerung immer präsent. Fast 40% aller Deutschen haben oder hatten in den letzten Wochen Rückenschmerzen [1, 2, 3] - Ältere sind davon häufiger betroffen als Jüngere. Die Ursachen hierfür liegen in degenerativen Veränderungen, einem mit dem Altern verbundenen Abbau der Muskelmasse und einer zunehmenden Inaktivität, wodurch sich der Trainingszustand der Rumpfmuskulatur verschlechtert.

Eine ungesunde Ernährung, die ein Übergewicht nach sich zieht, und ein verändertes Verhalten, wie Bewegungsmangel und Fehlbewegungen, führen oft auch schon bei jungen Personen zu Rückenschmerzen. Dadurch nimmt die Häufigkeit von durch Rückenschmerz bedingter Arbeitsunfähigkeit zu. Die dadurch verursachten Kosten sind aufgrund von Krankheitstagen und Berentungen beträchtlich [2, 3, 4]. Zudem ist es wahrscheinlich, dass die veränderten Lebensumstände unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie durch Stimmungsveränderungen und Bewegungsmangel sowie psychosoziale Faktoren wie Isolation eine Chronifizierung von Rückenschmerzen begünstigen [5].

Frühe Behandlung ist eine wichtige Präventionsmaßnahme

Erstmalig akut auftretende Rückenschmerzen dauern bei bis zu 90% der Patientinnen und Patienten ohne Therapie bis zu 4 Wochen an. Das wiederholte Auftreten der Rückenschmerzen ist ein Anzeichen für eine Schmerzchronifizierung und besteht bei ca. einem Viertel der Patienten. Allerdings entwickeln davon nur 7-10% einen chronischen Rückenschmerz, verursachen damit aber etwa 80% aller Kosten. Dieser Vergleich zeigt, dass eine frühzeitige Behandlung enorm wichtig ist, insbesondere, wenn eine Kombination aus Rückenschmerzen und anderen Störungen vorliegt.

Eine unzureichende Behandlung psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Angsterkrankungen, oft auch eine falsche Medikamenteneinnahme oder Selbsttherapie sind weitere Gefahren, die den Rückenschmerz zu einem ständigen Begleiter werden lassen können. Wenn eine Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz hinzukommt, die Arbeitsbelastung als Stress empfunden wird, wenn man Angst um den Job oder seine Arbeitsstelle bereits verloren hat, ist dieses Risiko noch höher. Auch unnötig lange Krankschreibungen, Röntgenuntersuchungen oder Therapien, ebenso nicht notwendiges Schonverhalten können zur Chronifizierung beitragen. So nehmen Patienten häufig ihre Arbeit nicht mehr auf, wenn sie 2 Jahre mit Rückenschmerzen krankgeschrieben waren. Die frühzeitige und gezielte Behandlung ist die beste Präventionsmaßnahme. Wichtig ist, zu differenzieren und die Schmerz-ursache mit in den Therapieplan einzubeziehen. Besonders die neuropathischen Anteile von Rückenschmerzen dürfen nicht vernachlässigt werden und bedürfen einer besonderen Therapie.

Die Funktion des Rückens

Die Wirbelsäule schützt das Rückenmark, das im Wirbelkanal verläuft. Darüber hinaus bildet das Halte- und Achsorgan die zentrale Körperachse, an der Gelenke, Bänder und Muskeln ansetzen und dadurch die Bewegung des Körpers ermöglichen. Die Wirbelsäule lässt sich in 24 Bewegungssegmente einteilen, die aus zwei benachbarten Wirbelkörpern, der Bandscheibe, den Gelenken und Bändern bestehen (Abb. 1). Die Bandscheibe hat hier eine Pufferwirkung. Sie besteht aus einem zentral gelegenen, gummiartigen Kern. Dieser enthält Wasser und wird von Bindegewebe umhüllt. Der Wassergehalt der Bandscheibe ist für deren Funktion von großer Bedeutung. Er nimmt im Laufe des Tages ab und wird im höheren Lebensalter insgesamt geringer. Das Nervensystem hat einen physiologisch und anatomisch engen Bezug zur Wirbelsäule. Zu beachten ist, dass Störungen im Bereich der Wirbelsäule immer den ganzen Menschen betreffen [2, 6].

Abb. 1
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Struktur der Wirbelsäule

Rückenschmerz allgemein

Radikuläre Schmerzen treten plötzlich auf und werden als messerstichartig und hell empfunden. Denn sie entstehen aufgrund eines mechanischen Drucks auf eine genau identifizierbare Nervenwurzel. Die Schmerzausbreitung entspricht der Hautregion, welche von der entsprechenden Nervenwurzel versorgt wird. Nervenwurzeln haben zum einen eine Verbindung zum Rückenmark, zum anderen gehen aus ihnen die unterschiedlichen Nerven hervor. Schmerzen aus Bandscheiben, Gelenken, Muskeln oder Bändern der Wirbelsäule entwickeln sich hingegen langsam und fühlen sich dumpf oder drückend an. Sie können von den Patienten, neben einer wirbelsäulennahen Lokalisation, ebenfalls als ausstrahlend beschrieben werden.

Veränderungen im Spannungszustand der Muskulatur führen zu einem Teufelskreis aus Schmerz, Muskelverspannung und Inaktivität. Nervenschmerzen und die durch eine Entzündung hervorgerufenen Schmerzen sind oftmals gleichzeitig vorhanden. Ein eher brennender, kribbelnder oder einschießender Schmerz deutet auf einen Nervenschmerz hin, wohingegen ein in der Nacht als stark empfundener Rückenschmerz wahrscheinlich durch eine Entzündung verursacht wird. Sind die Schmerzen bewegungsabhängig, ist dafür eine räumliche Enge verantwortlich. Diese führt durch Druck auf eine Nervenwurzel, zum Beispiel bei Bewegung, zu Schmerzen, die in das Bein ausstrahlen. Ist die Gehstrecke des Patienten verkürzt, ohne dass eine arterielle Verschlusskrankheit vorliegt, kann die Ursache eine Enge im Wirbelkanal, eine sog. spinale Stenose, sein [6, 8, 9].

Schmerzchronifizierung

Die Phase des Übergangs vom akuten zum chronischen Schmerz wird als Chronifizierung bezeichnet. Es handelt sich um keine genau festlegbare Zeit, sondern eher um einen Prozess, der beim akuten Schmerz anfängt und etwa 3-6 Monate dauert. Bestehen Rückenschmerzen länger als 3 Monate, spricht man von chronischen Schmerzen. Hinweise auf eine Chronifizierungsgefahr geben sog. "yellow flags" (Abb. 2).

Abb. 2
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© Springer Nature 2020

Biopsychosozialer Beschwerdekomplex chronifizierter Schmerzen (aus [7])

Mehrere Faktoren können allein oder in Kombination Rückenschmerzen verursachen. Neben psychogenen Faktoren sind für akut auftretende Rückenschmerzen Engpasssyndrome mit Druck auf das Nervensystem ursächlich. Aber auch schwere Erkrankungen, wie eine rheumatische Erkrankung, Entzündung, Tumorerkrankung, neurologische Erkrankung oder eine Osteoporose, können mit Rückenschmerzen verbunden sein. Warnzeichen sind hier z. B.:

  • nächtlicher Schmerz,

  • plötzlicher starker Rückenschmerz unter Langzeit-Kortisoneinnahme,

  • Gewichtsabnahme,

  • anhaltende starke Bewegungseinschränkung,

  • starke Schmerzen oder minimale Beweglichkeit,

  • Probleme beim Wasserlassen,

  • Stuhlinkontinenz oder

  • Lähmung.

Diagnostik

Wurden Warnsymptome auf eine akute Nervenschädigung mit Lähmungserscheinungen festgestellt oder hat ein Unfall stattgefunden, sind Röntgenuntersuchungen für die Diagnosefindung und -sicherung wichtig. Zuvor sollte aber eine genaue körperliche Untersuchung stattgefunden haben. Hier kann der Bewegungsapparat besser beurteilt und können Bewegungseinschränkungen ermittelt werden. Wiederholte radiologische Maßnahmen sind nicht angebracht, wenn der akute Rückenschmerz nicht von neurologischen Ausfällen und Warnsymptomen begleitet wird sowie bei chronifizierendem oder schon chronischem Rückenschmerz.

Es besteht eine nur geringe Übereinstimmung zwischen radiologischen Veränderungen und klinischem Beschwerdebild. Den Schmerz sieht man nicht. Degenerative nachweisbare Veränderungen sind häufig normal, klingen aber in medizinischen Fachbegriffen bedrohlich. Zu beachten ist, dass die radiologische Diagnostik bis auf wenige Ausnahmen eine statische Untersuchungsform ist. Deshalb lässt sich damit die Bewegungsfunktion der Wirbelsäule mit ihren Gelenken, Muskeln und Bändern nicht darstellen.

Mithilfe der Computertomografie (CT) und der Magnetresonanztomografie (MRT) können Bandscheibenvorfälle identifiziert und Nervenkompressionen abgebildet werden. Zusätzlich werden knöcherne Veränderungen aufgrund von Tumorerkrankungen oder Entzündungen sichtbar. Zudem lassen sich anhand der MRT das Rückenmark und der Rückenmarkskanal beurteilen, und es werden akute oder chronische Schäden dargestellt [1, 9].

Spezieller Rückenschmerz

Entzündlicher Schmerzanteil

Nozizeptoren finden sich in allen schmerzempfindlichen Geweben des Körpers. Deren Reizung durch mechanische, thermische oder chemische Noxen wird über die Nervenfasern zum zentralen Nervensystem weitergeleitet und als Schmerz wahrgenommen. Ein Bandscheibenvorfall hat eine nozizeptive entzündliche Komponente durch das sich vorwölbende Bandscheibengewebe (chemische Radikulitis).

Neuropathischer Schmerzanteil

Ein Bandscheibenvorfall kann aber auch durch Druck auf die Nervenwurzel neuropathische, radikuläre Schmerzen hervorrufen. Wird das Myelon komprimiert, hat dies ebenfalls Funktionsverluste und Schmerzen zur Folge. Lähmungen sind als Warnsymp-tome ("red flags") zu verstehen (Abb. 2) und machen eine dringliche Diagnostik notwendig.

"Mixed pain"

Die Ursachen von akuten und chronischen Rückenschmerzen sind vielfältig, sodass ein sogenanntes Mixed-pain-Phänomen entsteht, das einen gleichzeitigen neuropathischen und nozizeptiven Schmerz beschreibt und das um die psychogenen und sozialen Faktoren erweitert werden sollte [1, 10].

Neuropathische Rückenschmerzen

Die Wirbelsäule schützt nervale Strukturen und besitzt gleichzeitig dynamische Funktionen. Sie bietet durch ihre festen knöchernen Strukturen Begrenzungen mit dem Risiko von Einengungen. Bandscheibenvorfälle, Traumata, aber auch degenerative Veränderungen können zu einem Druck auf Rückenmark, Nervenwurzeln und/oder Nerven führen. Die Folge sind neuropathische Schmerzen durch die Schädigung oder Läsion von Anteilen des Nervensystems. In den so beeinträchtigten, aber auch in intakten Nervenfasern kann eine pathologische Spontanaktivität entstehen. Im Rahmen einer Chronifizierung kommt es daraufhin zu Veränderungen im peripheren und zentralen Nervensystem.

Das Gleichgewicht zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Mechanismen wird durch eine Veränderung der schmerzhemmenden Mechanismen gestört. Sind sensible Nerven betroffen, können diverse Empfindungsstörungen auftreten. Neben Hypästhesien und Parästhesien können auch Hyperästhesien, Allodynien und diffuse Schmerzsyndrome entstehen. Beschreiben Patienten ihren Schmerz als brennend, stechend oder ziehend, spricht dies für eine neuropathische Ursache. Die Ausbreitung der Schmerzen im Versorgungsgebiet einer Nervenwurzel gibt Hinweise auf die Lokalisation der Schädigung [8].

Spezielle Krankheitsbilder

Spinalkanalstenose

Mechanische Belastungen und degenerative Veränderungen, denen besonders die untere Lendenwirbelsäule ausgesetzt ist, können Instabilitäten verursachen, die den Wirbelkanal verformen. Verengt dieser sich dabei, spricht man von einer Spinalkanalstenose. Infolge einer Wirbelkanalstenose verkürzt sich die Gehstrecke, die Patienten schmerzfrei bewältigen können (Claudicatio spinalis). Die Patienten berichten dann von ziehenden Schmerzen an der Vorder- oder Rückseite der Beine, die sich bessern, wenn sie sitzen oder ihren Oberkörper vorbeugen. Aufgrund dieser Beugung gehen die Reizung und der Druck auf die durch den verformten Wirbelkanal eingeengten Nervenstrukturen zurück.

Der Bandscheibenvorfall

Beim Bandscheibenvorfall (Prolaps) verschieben sich Teile der Bandscheibe in den Wirbelkanal. Dabei reißt der Bindegewebsring der Bandscheibe. Durch den Bandscheibenvorfall entsteht ein Druck auf Nervenwurzeln, was neurologische Symptome und Schmerzen verursachen kann. Die Ausprägung der Beschwerden ist nicht allein von der mechanischen Reizung, sondern besonders von einer begleitenden Entzündung abhängig (chemische Radikulitis).

Die Patienten empfinden starke, oft in die Beine ausstrahlende Schmerzen. Zudem kann es zu einem Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet der eingeklemmten Nervenwurzel oder sogar zu Lähmungserscheinungen bis hin zu einem Querschnittssyndrom kommen. Treten Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, können Stuhl- und Harninkontinenz sowie eine Missempfindung an der Innenseite der Oberschenkel, eine sog. Reithosenanästhesie, die Folge sein.

In den meisten Fällen ist eine konservative Therapie möglich. Schwere Bandscheibenvorfälle mit neu aufgetretenen, ausgeprägten Lähmungserscheinungen müssen allerdings ohne zeitliche Verzögerung operiert werden.

Postnukleotomiesyndrom

Das Postnukleotomiesyndrom ("failed back surgery") bezeichnet Schmerzen, die nach einer Rückenoperation weiterbestehen, bei denen die Besserung des Zustandes also fehlt oder unzureichend ist. Diese werden als eigenes Krankheitsbild angesehen. Psychische und soziale Belastungen beeinflussen das Operationsergebnis oft mehr als die Ausprägung der Narbenbildung. Eine genaue körperliche Untersuchung sollte der Operation immer vorausgehen und die gesamte Problematik in die Indikationsstellung einbezogen werden. Nicht jeder radiologische Befund muss operiert werden.

Therapieoptionen

Medikamente

Je nach Schmerzursache können entzündungshemmende und die Muskelspannung normalisierende Medikamente wirksam eingesetzt werden. Sie haben jedoch Nebenwirkungen, die den Langzeitgebrauch einschränken. Darüber hinaus spricht der neuropathische Anteil von Rückenschmerzen nicht auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder COX-2-Hemmer an.

Zur medikamentösen Therapie in Abhängigkeit vom Schweregrad können Novaminsulfon (unter Beachtung des Aggranulozytoderisikos), Opiate oder Cannabinoide eingesetzt werden. Adjuvant anzuwenden sind Antidepressiva oder Antiepileptika, also Medikamente, die den neuropathischen Schmerzanteil mitbehandeln. Topische Therapien mit Capsaicin können als Ultima-Ratio-Verfahren zum Einsatz kommen [1, 9].

Akupunktur

10-15 aufeinanderfolgende Akupunktursitzungen können die Beschwerdesymptomatik beim Rückenschmerz reduzieren. Eine eigenständige Methode ist hierbei die Ohrakupunktur, bei welcher von einer Projektion des gesamten Körpers auf die Ohrmuschel ausgegangen wird. Beide Methoden behandeln den nozizeptiven und neuropathischen Schmerzanteil.

Transkutane Nervenstimulation

Bei der transkutanen elektrischen Nervenstimula- tion ("transcutaneous electrical nerve stimulation", TENS), einer Methode, die der Patient selbstständig anwenden soll, werden elektrische Impulse über Elektroden auf die Hautoberfläche übertragen. Die elektrisch verursachte Aktivierung von Nervenfasern führt zu einer Muskelentspannung und Schmerzhemmung. Bisher ist die Wirksamkeit dieser Therapieform beim Rückenschmerz nicht eindeutig belegt. Vorteilhaft ist die aktive Einbindung des Patienten in die Therapie.

Invasive Therapieverfahren

Die Indikation zu invasiven Therapien sollte sorgfältig gestellt werden. Periradikuläre Injektionen (PRT), also epidurale, intraforaminale und Facettentherapien mit Lokalanästhetika und Steroiden, können neuropathische Schmerzen beeinflussen. Bei Injektionen an die Nerven der Facettengelenke muss berücksichtigt werden, dass jedes Facettengelenk von Anteilen des Spinalnerven aus den zwei zugehörigen Etagen innerviert wird. Das bedeutet, dass jedes Gelenk Fasern aus dem Ramus dorsalis der gleichen Etage und der Etage darüber erhält.

Bei einem hohen Chronifizierungsgrad sowie fehlenden Alternativen sind neuromodulative Verfahren (Rückenmarkstimulation ["spinal cord stimulation", SCS] und intrathekale Pharmakotherapie über Pumpen) nach erfolgreicher Testung weitere Möglichkeiten.

Rückenmarkstimulation

Bei der Rückenmarkstimulation (SCS) wird der Hinterstrang des Rückenmarks über eine Sonde mittels elektrischer Ströme stimuliert. Der Patient spürt ein angenehmes Kribbeln, das den Schmerz überlagert. Der Strom wird durch einen unter der Bauchdecke oder gluteal implantierten Impulsgenerator appliziert. Die SCS scheint bei Patienten nach einer erfolglosen Rückenoperation vorteilhafter zu sein als ein erneuter operativer Eingriff. Besonders der neuropathische Schmerzanteil wird behandelt.

Lokalanästhesie

Eine therapeutische Lokalanästhesie unterbindet die Weiterleitung des Schmerzes, was beim Rückenschmerz eine erleichternde Therapieergänzung sein kann. Zur Therapie chronischer Rückenschmerzen können Spritzen als Blockadeserien sinnvoll sein. Hierbei blockiert ein eingespritztes lokales Betäubungsmittel die Schmerzweiterleitung im Nerv.

Neurolyse

Sogenannte Facettengelenkschmerzen an den Gelenken der Wirbelsäule können durch Zerstörung der den Schmerz weiterleitenden Nerven behandelt werden. Hierzu wird eine Sonde unter Röntgenkontrolle gezielt in die unmittelbare Nähe des betroffenen Nervs eingeführt. Mittels Hitze oder Kälte an der Sondenspitze wird der Facettengelenksnerv inaktiviert. Auch hier gilt: Jedes Facettengelenk wird von Anteilen des Spinalnerven aus den zwei zugehörigen Etagen innerviert. Der Zeitraum der Schmerzlinderung kann und sollte für die Bewegungstherapie und Stärkung der Muskulatur zur Entlastung der Facettengelenke genutzt werden, denn der Nerv heilt in einem Zeitraum von 3 Monaten bis zu einem Jahr und kann danach wieder Schmerzen melden.

Manualtherapie

Blockierungen im Bereich der Wirbelsäule können durch spezielle Handgriffe, die sich an der anatomischen Form der Gelenke der Wirbelsäule orientieren, behandelt werden. Mit diesen Manipulationen wird versucht, Blockierungen eines Gelenks mittels eines kurzen gezielten Bewegungsimpulses zu beheben.

Schlussfolgerung

Alle chronischen Wirbelsäulenleiden machen eine Kombination spezieller Verfahren notwendig. Diese müssen langfristig ausgerichtet sein und die Aktivität stufenweise wiederherstellen. Unterstützung finden Patienten und deren behandelnde Ärzte u. a. in Schmerzkonferenzen. Hier können Problemfälle vorgestellt und im Schmerzexpertengremium diskutiert werden. Universitäre Einrichtungen arbeiten zusätzlich in sogenannten "spine boards" zusammen [10].

Der neuropathische Mechanismus des Rückenschmerzes ist nur ein Teil eines komplexen Schmerzgebildes. Wir sollten den gesamten Schmerz des Menschen umfassend behandeln. Dies bedeutet im Rahmen eines biopsychosozialen Krankheitsmodells, gleichzeitig die Physiotherapie, Schmerzpsychologie sowie die sozialen Auswirkungen miteinzubeziehen (s. Infobox 1). Die Kenntnis der pathophysiologischen, den Rückenschmerz mit verursachenden, Faktoren erlaubt eine gezielte Therapie, die den Anteil neuropathischer Veränderung mitberücksichtigen muss.

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Dr. med. Dipl. oek. med. Thomas H. Cegla

Helios Universitätsklinikum Wuppertal