Unter dem Stichwort Post Covid/Long Covid werden diverse Beschwerden im Kielwasser von COVID-19 beschrieben. Auch Herz und Gefäße bleiben bei vielen vermutlich Genesenen langwierig beeinträchtigt. Eine große Veteranenstudie zeigt nun detailliert, dass sämtliche kardiovaskuläre Risiken mindestens ein Jahr lang erhöht bleiben können.

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© Piksel/ Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Das Herzinfarktrisiko ist auch nach milden COVID-19-Erkrankungen um 63% erhöht.

Für eine retrospektive Analyse wurden Patientendaten aus der Datenbank des US-amerikanischen Veteranenministeriums herangezogen. 153.760 Patienten waren zwischen März 2020 und Januar 2021 an COVID-19 erkrankt. Sie wurden mit 11.497.059 Kontrollpersonen verglichen, davon etwa die Hälfte aus demselben Zeitraum und die andere Hälfte aus früheren Jahren. Ziel war die Analyse des Auftretens kardiovaskulärer Ereignisse innerhalb des ersten Jahres nach Krankheitsbeginn bei Patienten, die den ersten Monat überlebten.

Es zeigte sich in der Covid-Gruppe ein erheblich höheres Risiko für zahlreiche relevante kardiovaskuläre Ereignisse, insbesondere thromboembolische und zerebrovaskuläre Erkrankungen, Herzrhythmusstörungen, entzündliche Herzerkrankungen, ischämische Herzerkrankungen sowie Herzinsuffizienz unterschiedlicher Genese. Tab. 1 zeigt eine Auswahl. Das erhöhte Risiko für war auch bei nicht hospitalisierten Patienten, also nach "mildem" Krankheitsverlauf zu beobachten.

Tab. 1 Risikoerhöhung von COVID-19-Genesenen über ein Jahr (Hazard Ratios im Vergleich zu nicht erkrankten Kontrollpersonen)

Quelle: Xie Y, Xu E, Bowe B, Al-Aly Z. Long-term cardiovascular outcomes of COVID-19. Nat Med. 2022;28:583-90

MMW-Kommentar

Die Daten stammen aus der Zeit vor dem Auftreten der Delta- und Omikron-Varianten, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass sich bei neuen Mutanten andere Risiken ergeben könnten. Auch können diese Daten selbstverständlich nicht ohne Weiteres auf andere Populationen und andere Gesundheitssysteme übertragen werden.

Nichtsdestoweniger sind die beschriebenen kardiovaskulären Risiken nach einer SARS-CoV-2-Infektion höher als bei Influenza, wie dieselbe Arbeitsgruppe zeigen konnte. Die vorliegenden Daten belegen, dass thrombotische und entzündliche Herzerkrankungen in einem breiten Spektrum bei scheinbar von COVID-19 Genesenen nicht selten sind. Dies gilt - wie auch aus anderen Studien bekannt - besonders für Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen und schweren Krankheitsverläufen.

An pathophysiologischen Abläufen werden v. a. eine direkte Infektion von Gefäßendothel- und Herzmuskelzellen mit den Viren sowie eine persistierende überschießende Immunantwort mit Koagulopathie und Mikroangiopathie diskutiert. Hier ist noch weitere Forschung erforderlich, aber schon heute steht fest, dass die auch spät nach einer Infektion auftretenden kardiovaskulären Symptome sehr ernst genommen werden müssen.

In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, dass nun an vielen Stellen Netzwerke für die Nachbetreuung von Covid-Patienten entstehen, z. B. bei der KV Bayerns. Es gibt auch bereits eine evidenzbasierte S1-Leitlinie "Post-COVID/Long-COVID". Darin ist ein Herz-MRT "zweifelsohne bei Nachweis eines pathologischen Befundes im Echokardiogramm ... indiziert". Leider ist das MRT des Herzens aber keine GKV-Leistung.

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Prof. Dr. med. S. Silber

Kardiologie Zentrum München