Hausärzte sollen seit 1. März 2022 Patienten regelmäßig zur Organspende beraten. Basierend auf einer Studie präsentieren wir Voraussetzungen und Best Practices für eine effektive Aufklärung.

Deutschland belegt im internationalen Vergleich der Organspenderate einen der hinteren Plätze. Anfang 2020 entschied sich der Deutsche Bundestag gegen eine Widerspruchslösung. Stattdessen wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende u. a. geregelt, dass Hausärzte vom 1. März 2022 an ihre Patienten alle zwei Jahre ergebnisoffen zur Organspende beraten sollen.

Ergebnisse

Mit einer bundesweiten Online-Befragung von mehr als 200 Hausärzten konnte nun gezeigt werden, dass sich Hausärzte für die Aufklärung von Patienten verantwortlich fühlen. Vielen sind die neue Regelung und die gestärkte Rolle von Hausärzten allerdings noch unbekannt. Bisher investieren Hausärzte für alle Patienten zusammen durchschnittlich nur 44 Minuten pro Quartal in die Aufklärung, wobei etwa jeder fünfte Hausarzt gar keine Aufklärung betreibt. Etwa die Hälfte der Befragten hält sich nicht für ausreichend über Organspende informiert. Zudem geben 3 von 4 Hausärzten an, im Alltag zu wenig Zeit für Aufklärungsgespräche zu haben.

Organspende im hausärztlichen Alltag anzusprechen, erfordert eine gut ausgebildete Arzt-Patienten-Beziehung oder ist im Rahmen eines Check-ups oder einer Beratung zur Patientenverfügung möglich. Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab festgelegte Vergütung von 7,32 € für ein 5-minütiges Gespräch erfüllt weder in der Höhe noch in der Dauer die Erwartungen von Hausärzten - diese halten im Schnitt 14 Minuten sowie 37,20 € pro Aufklärungsgespräch für angemessen. Es sei zudem sinnvoll, mehrere Termine dafür vorzusehen (siehe Infobox 1).

Die neue Regelung sollte durch zusätzliche Angebote begleitet werden

Insgesamt hat der Gesetzgeber mit der Einbindung von Hausärzten in die Aufklärung über Organspende aus Sicht der befragten Ärzte den richtigen Weg eingeschlagen. Es bedarf an entscheidenden Stellen jedoch noch zusätzlicher Maßnahmen, um dieses Vorhaben nachhaltig und effizient zu gestalten.

Wichtig sind laut Hausärzten die Entlastung des hausärztlichen Alltags und eine deutlich höhere Vergütung für die Aufklärung. Der geringe Informationsstand von Hausärzten zum Thema Organspende könnte durch vermehrte Fortbildungen angehoben und deren Aufklärungsbereitschaft gesteigert werden. Im Zusammenspiel mit Fernsehwerbung und Aufklärung in Schulen könnten Hausärzte so dazu beitragen, eine Kultur der Organspende in der Gesellschaft zu etablieren.

Da junge Menschen im Regelfall deutlich seltener zum (Haus-)Arzt gehen, wird die Aufklärung in der Hausarztpraxis nur geringfügig dazu führen, dass jüngere Menschen zu diesem Thema adressiert werden können. Hier müssen andere Wege - möglicherweise unter Einbindung von Social-Media und anderen digitalen Formaten - gefunden werden.

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Zoë Fehring

Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke

Die Langfassung des Beitrags finden Sie im MMW-Originalien-Ergänzungsband Nr. I/2022 (S6), 3-10 sowie unter springermedizin/mmw