Die aktive Aufklärung und Förderung der Impfbereitschaft von Patienten ist so relevant wie noch nie. Neben der Corona-Impfung sollte der Hausarzt insbesondere ältere Patienten für alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen sensibilisieren und über die Notwendigkeit und den Nutzen informieren. Dieser Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über den Schutz von Senioren gegen COVID-19, Tetanus, Pertussis, Influenza & Co.

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Die Corona Pandemie hat uns die Relevanz von Impfungen vor Augen geführt. In rasender Geschwindigkeit ist die Entwicklung gleich mehrerer wirksamer und gut verträglicher Impfstoffe gelungen. Der Erfolg dieser Entwicklung wird möglicherweise durch eine unzureichende Impfbereitschaft konterkariert. Nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist für die Influenza Impfung eine Impfquote von 75 % anzustreben, die in Deutschland bisher nie erreicht wurde. Andere europäische Länder zeigen eine höhere Impfbereitschaft (Abb. 1). Die Impfskepsis bezieht sich in Deutschland also nicht nur auf die neuen messenger-RNA(mRNA)- oder Vektorimpfstoffe. Weitere Aufklärung der Patienten und aktive Motivation zur Impfung für alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen ist von Nöten.

Abb. 1
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(Mod. nach [1])

Impfraten für die Influenza-Saisons 2013-14 (schwarze Balken), 2014-15 (graue Balken) und 2015-16 (rote Balken). Die horizontale Linie markiert das Ziel der 75%-Impfquote für alle Gruppen.

Das Immunsystem des alten Menschen reagiert schwächer auf Krankheitserreger, weshalb ältere Personen anfälliger sind für Infekte. Diese präsentieren sich durch die schwächere Immunantwort teilweise mit weniger Symptomen, aber mit mehr Komplikationen. Diese Veränderungen bezeichnet man als Immunseneszenz. Multimorbidität und Gebrechlichkeit begünstigen zusätzlich schwere Verläufe. So ist nicht nur COVID-19, sondern auch die Influenza und die Pneumokokkenpneumonie mit einer deutlich höheren Mortalität im Alter verbunden.

Daher ist es gerade für Senioren wichtig, dass die vorhandenen Impfstoffe gemäß den Empfehlungen der STIKO adäquat genutzt werden [2, 3]. Da die Immunseneszenz auch zu einer Abschwächung der Immunantwort auf Impfungen führt, ist im Aufklärungsgespräch darauf hinzuweisen, dass die Impfungen in jedem Fall einen leichteren Verlauf der Erkrankung begünstigen, selbst wenn sie diese nicht immer verhindern können. Die Entwicklung von neuen stärkeren immunogenen Vakzinen wie aktuell beim Influenzaimpfstoff ist genauso erforderlich wie deren differenzierter und zielgruppenorientierter Einsatz.

Aktuelle Impfempfehlungen der STIKO für 2021

Die STIKO gibt jährlich Empfehlungen zum Impfen heraus, die auch unterjährig aktualisiert werden. Diese umfassen für das Jahr 2020/2021 für die Altersgruppe ab 60 neben den regelmäßigen Auffrischungen des Tetanus- und Diphtherieschutzes alle 10 Jahre - einmalig kombiniert mit der Pertussis-Vakzine - die Empfehlung zur Pneumokokken-Impfung sowie die jährliche Influenza-Impfung mit einer quadrivalenten Vakzine [4, 5]. Ferner wird die Impfung gegen Herpes Zoster mit einem adjuvantierten Totimpfstoff empfohlen (Tab. 1). Für einen schnellen Zugriff auf alle aktuellen Informationen zum Impfen bietet die STIKO eine eigene kostenlose App an.

Tab. 1 Impfempfehlungen der STIKO 2020/2021 zu Standardimpfungen für Menschen > 60 Jahre

Für die Impfung gegen COVID-19 soll einer der zugelassenen mRNA - oder die vektorbasierten Impfstoffe verwendet werden [6, 7, 8]. Da die Verfügbarkeit der Impfstoffe vorerst begrenzt ist, wurde die Impfung zunächst nur Personengruppen angeboten, die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer COVID-19-Erkrankung haben, die beruflich besonders exponiert sind oder engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, weshalb ein stufenweises Vorgehen anhand einer Priorisierungsempfehlung erfolgte [6, 7, 8].

Impfung gegen Influenza

Die Virusgrippe wird verursacht durch Influenza-A und -B-Viren. Influenza-C ist nur für sehr wenige Infektionen bei Menschen verantwortlich und findet sich hauptsächlich bei Kindern [9]. Die Klassifizierung erfolgt über die Oberflächenantigene Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) in die verschiedenen Subtypen HxNx. Die hohe Variabilität der Influenzaviren macht die alljährliche Anpassung der Antigenzusammensetzung des Impfstoffs nötig.

Die Influenza ist unter den Infektionskrankheiten die mit der höchsten bevölkerungsbezogenen Mortalität von bis zu 12% bei hospitalisierten Influenzapatienten [10]. Rund 90% der Todesfälle entfallen auf die Altersgruppe > 60. Die hohe Krankheitslast ist bei älteren Personen vor allem durch Infektionen mit Influenza-A (H3/N2) bedingt [11]. Die Viren werden respiratorisch von Mensch zu Mensch übertragen. Die Erkrankung tritt hauptsächlich in den Wintermonaten der Nord- bzw. Südhalbkugel auf, in Deutschland zumeist Anfang Januar bis in den März hinein [12]. Die wichtigste Maßnahme gegen die Influenza ist die Impfung nach den aktuell gültigen Empfehlungen der STIKO. Die Influenza-Impfung ist für alle ≥ 60-Jährigen als Standardimpfung empfohlen, für Senioren- und Pflegeheimbewohner gilt sie als Indikationsimpfung. Leider liegt die Impfabdeckung bei Personen > 60 Jahren nur bei 35% [13].

Die Web-Version der App, zu aktuellen Informationen und Empfehlungen zum Impfen der Ständigen Impfkommission, finden Sie unter: www.STIKO-web-app.de

Nach den Empfehlungen der STIKO für die Grippesaison 2021/22 sollen alle über 60-Jährigen mit einem Hochdosisimpfstoff (Efluelda/Fluzone, Quadrivalent), mit aktueller, von der WHO empfohlenen Antigenkombination geimpft werden [5]. Mittlerweile ist diese Vakzine auch in Deutschland ab 60 Jahren zugelassen. Mit der Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie ist über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auch die Basis für die rechtzeitige Planung der Impfstoffbeschaffung für die kommende Grippesaison gewährleistet. Die geänderte Schutzimpfungsrichtlinie tritt zum 1. April 2021 in Kraft. Der Hochdosisimpfstoff ist ein Ei-basierter Spaltimpfstoff, der die vierfache Menge an HA-Antigen (60 µg) enthält, aber keine Adjuvanzien [14].

Für diesen Impfstoff konnten mehrere Studien eine bis zu 24% bessere Wirksamkeit gegenüber dem konventionellen Impfstoff in der Standarddosis zeigen [15]. Auch die Hospitalisationsrate in Verbindung mit einer Pneumonie und kardiorespiratorischen Ereignissen konnte bei älteren Patienten gesenkt werden [16]. Bei den Impfreaktionen zeigt der Hochdosisimpfstoff lediglich bei lokalen Reaktionen, Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen im Vergleich zu konventionellen Influenzavakzinen stärkere Nebenwirkungen. Es wurden jedoch keine schweren Komplikationen beobachtet.

Alle quadrivalenten Vakzine enthalten neben zwei Influenza-A-Stämmen (typischerweise A (H1/N1) und A (H3/N2)) auch zwei Stämme der Influenza-B-Viren (Yamagata-like und Victoria-like). Bei der Herstellung in Zellkulturen müssen die Impfviren nicht wie für die Vermehrung in Hühnereiern oder in permanenten Zelllinien (Verolinien der Affenniere) adaptiert werden [11]. Dies verhindert die Hämagglutininveränderungen im Impfstoff. Die hohe Übereinstimmung der Impfstoffbestandteile mit den saisonalen Viren sorgt somit für eine gute Wirksamkeit.

Zwar ist bedingt durch die Immunseneszenz, die Effektivität der Influenza-Impfung im Alter geringer, aber immer noch ausreichend wirksam, um im Falle einer Infektion den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen. Die Influenza-Impfung schützt darüber hinaus vor kardiovaskulären Ereignissen bei Risikopatienten. Beobachtungsstudien zeigten, dass die Grippeimpfung bei Risikopatienten im Vergleich zu nicht Geimpften mit einer um 55% geringeren kardiovaskulären Sterblichkeit verbunden war.

Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ergab sich bei Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften eine um 17% geringere Gesamtsterberate. Die Kausalität hierbei ist noch nicht ganz geklärt, randomisierte Studien versuchen dies derzeit aufzuarbeiten. Als Indikationsimpfung ist die jährliche Influenza-Impfung bei Patienten mit chronischen Erkrankungen grundsätzlich empfohlen, insbesondere auch bei Patienten, die an einer rheumatoiden Erkrankung leiden [17].

Impfung gegen Pneumokokken

Die Pneumokokken-Impfung ist eine Standardimpfung für alle Menschen über 60 Jahre. Durch die Impfung von Kindern mit dem 13-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV13) kam es ebenfalls zu einem deutlichen Rückgang der invasiven Pneumokokken-Infektionen bei über 65-Jährigen. Der Anteil der Infektionen durch Serotypen, die nicht durch PCV13 erfasst werden, hat sich in den letzten Jahren erhöht, was als Replacement bezeichnet wird [18]. Konjugatimpfstoffe sind deutlich stärker immunogen als Polysaccharidimpfstoffe. Leider sind aktuell nur Konjugatimpfstoffe verfügbar, die maximal 13 der Serotypen abdecken. Die Impfung soll mit einem Impfstoff mit möglichst breiter Schutzwirkung gegen die aktuell in der Zielgruppe Erkrankungen verursachenden Pneumokokken-Serotypen erfolgen. Dies ist aktuell der 23-valente Polysaccharidimpfstoff (PPSV23). Wiederholungsimpfungen werden von der STIKO bei "gesunden Erwachsenen" mit Hinweis auf die Fachinformation nicht generell empfohlen, können aber mit einem Mindestabstand von 6 Jahren bei Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Erkrankung in Erwägung gezogen werden [19]. Für Patienten mit Immunsuppression, mit einer Liquorfistel oder einem Cochlea-Implantat wird die sequenzielle Impfung - zuerst mit PCV13, nach 6-24 Monaten zusätzlich mit PPSV23 - empfohlen [4]. Dieses Verfahren ermöglicht eine möglichst breite Abdeckung der pathogenen Serotypen bei gleichzeitig guter Impfantwort.

In den nächsten Monaten werden voraussichtlich ein 15-valenter und ein 20-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff zur Verfügung stehen. Der 20-valente Impfstoff schützt gegen den Großteil der zirkulierenden pathogenen Pneumokokken-Stämme. Hierdurch wird vermutlich ein deutlich besserer und breiterer Schutz gegen Pneumokokken-Infektionen einschließlich Pneumonien und Meningitiden möglich sein. Da Konjugatimpfstoffe eine bessere und länger anhaltende Immunantwort auslösen, ist mit dem 20-valenten Impfstoff vermutlich ein besserer Schutz vor Pneumokokken-Infektionen möglich als mit dem derzeit verfügbaren 23-valenten Polysaccharidimpfstoff.

Impfung gegen Pertussis

Pertussis (Keuchhusten) wird durch das gramnegative Bakterium Bordetella pertussis hervorgerufen und kommt ganzjährig, aber hauptsächlich in der kalten Jahreszeit vor. Senioren zeigen vermehrt komplizierte Verläufe, die durch eine Impfung verhindert werden können [20]. Seit Einführung der bundesweiten Keuchhusten Meldepflicht im Jahr 2013 wurden dem RKI nach eigenen Angaben zwischen 11 und 20 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich gemeldet. Inzwischen treten 60% aller Erkrankungen bei Erwachsenen auf. Erwachsene sollen einmalig gegen Pertussis geimpft werden, indem bei der nächst fälligen Tetanus-/Diphtherie-(Td)-Impfung die Tetanus-Diphtherie-Pertussis (Tdap)-Kombinationsimpfung verabreicht wird. Eine Indikationsempfehlung besteht für Personen, die Umgang mit einem Neugeborenen erwarten oder im Gesundheitsdienst sowie in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten [4, 21]. Es besteht leider nach wie vor eine unzureichende Umsetzung dieser Empfehlung. Entsprechend den Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung nahmen im Zeitraum 2007-2016 nur 32,4% aller Erwachsenen die Tdap-Kombinationsimpfung in Anspruch, mit deutlichen Unterschieden zwischen den östlichen (50,8%) und westlichen Bundesländern (27,5%) [21, 22, 23].

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Keuchhusten: Auf eine Hustensalve folgt ein keuchendes Luftholen, und oft beginnt bereits nach wenigen Atemzügen die nächste Hustenattacke.

Impfung gegen COVID-19

COVID-19 wird durch das Severe Acute Respiraory Syndrom Coronavirus Type 2 (SARS-CoV-2) hervorgerufen. Dieses Betacoronavirus wird respiratorisch übertragen. Bis September 2020 standen 36 Impfstoffkandidaten zur Verfügung [23]. Die Wirkstrategien der Vakzinkandidaten beruhten auf dem Wissen über das Middle East Respiratory Syndrome (MERS) sowie über das Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS), Verursacher der Epidemien im Jahr 2003 [24]. So war die Rolle des Spike-Proteins bekannt, das mit der Bindung an den funktionalen Rezeptor Angiotensin-konvertierendes Enzym 2 die Infektion hervorruft und impfpräventabel ist [24, 25]. Als Impfstofftypen kamen mRNA-Vakzine, vektorbasierte Vakzine, attenuierte Viren und Protein-Impfungen infrage. Zunächst wurden die mRNA-Vakzine der Firma Pfizer/Biontech (BNT162b2) bzw. Moderna (mRNA-1273) zugelassen. Hier wird die in Nanopartikel verpackte mRNA für das Spike-Protein ins Zytosol transportiert und dadurch die Spike-Produktion hervorgerufen, die dann sowohl eine humorale als auch eine zellulär funktionale, aber wohl keine sterilisierende Immunantwort auslöst. Es ist eine zweimalige Impfung im Abstand von mindestens 21 Tagen notwendig. Als erster viraler Vektorimpfstoff wurde Ende Januar 2021 das Vakzin von AstraZeneca (AZD 1222) zugelassen. Dabei wird ein nicht replizierendes Adenovirus als Vektor benutzt, um die genetische Information für das Spike-Protein in die Körperzellen einzuschleusen. Laut Empfehlung des RKI vom 04.03.2021 wird nach Auswertung des Impfvorgehens aus England eine zweite Impfung im Abstand von 12 Wochen empfohlen [26]. Die STIKO empfiehlt, den AstraZeneca-Impfstoff nur noch für Menschen > 60 Jahren einzusetzen. Diese Entscheidung beruht auf Analysen der aktuellen, jedoch noch begrenzten Datenlage. Nach der Impfung mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca sind seltene Fälle von Thrombosen in Kombination mit Thrombozytopenien überwiegend bei Frauen im Alter ≤ 55 Jahren aufgetreten. Die Symptome traten 4-16 Tage nach der Impfung auf [8].

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Die klinische Wirksamkeit der Impfung gegen Herpes Zoster ist auch bei über 70-Jährigen mit 91,3% gut.

Als weiterer Vektorimpfstoff steht der COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson (Ad26.COV2.S) zur Verfügung. Dieser kann für alle Altersgruppen eingesetzt werden. Für diesen Impfstoff ist die einmalige intramuskuläre Applikation ausreichend. Eine begonnene Impfserie muss gegenwärtig mit demselben Produkt abgeschlossen werden, eine Ausnahme gilt bei der Impfung von Personen < 60 Jahren, die als erste Impfung AZD1222 erhalten haben [8].

Ein weiterer mRNA-Impfstoff der Firma CureVac sowie ein gentechnisch hergestellter Protein-Impfstoff der Pharmafirma Novavax (NVX-CoV2373) sind zu erwarten. Da der wesentlichste Risikofaktor für eine schwere COVID-19-Erkrankung das zunehmende Alter ist, wurden in Deutschland zunächst Menschen im Alter von 80 Jahren und älter sowie Bewohner von Alten- und Pflegeheimen in Impfzentren bzw. durch mobile Impfteams geimpft. Für diese Gruppe sind darüber hinaus auch die Impfungen gegen andere respiratorische Erreger wie Pertussis und Pneumokokken zusätzlich dringend notwendig, da diese eine Kreuzimmunität gegen SARS-CoV-2 aufweisen und so zusätzlich vor einem schweren Verlauf von COVID-19 schützen können [27, 28]. Die wirksamen Impfungen gegen diese respiratorischen Erreger sind insbesondere deswegen wichtig, weil SARS-CoV-2 Mutationen entwickelt, die die Impfwirkung möglicherweise einschränken könnten, obwohl das für die in Deutschland aktuell vorherrschende Variante B.1.1.7 noch nicht der Fall ist.

Impfung gegen Herpes Zoster

Seit Mai 2018 ist ein Impfstoff auf Basis eines Subunit-Antigens verfügbar. Ende Dezember 2018 hat die STIKO eine Empfehlung für die Impfung mit diesem Herpes-Zoster-Subunit-Totimpfstoff als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren ausgesprochen und die Impfung als Indikationsimpfung für Personen mit schwerer Grundkrankheit, wie z. B. Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz, ab 50 Jahren empfohlen [29]. Darüber hinaus ist der Totimpfstoff bereits ab dem 18. Lebensjahr für Patienten mit erhöhtem Risiko für Herpes Zoster (HZ) zugelassen. Darunter zählen u. a. Patienten mit HIV, Immunsuppression oder schweren chronischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder auch eine rheumatoide Arthritis. Sowohl nach einem ischämischen als auch nach einem hämorrhagischen Schlaganfall ist das Risiko für eine HZ-Erkrankung insbesondere innerhalb des ersten Jahres erhöht [30].

Durch die Impfung wird die durch T-Zellen vermittelte Immunabwehr gegenüber Varizella-Zoster-Viren (VZV) gesteigert und so die Reaktivierung der latent in den Nervenganglien verbliebenen VZV verhindert. Die Impfserie für den HZ-Totimpfstoff besteht aus zwei Impfstoffdosen, die intramuskulär in einem Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten verabreicht werden [4]. Wenn der maximale Abstand von 6 Monaten aufgrund von Impfstoffknappheit nicht eingehalten werden kann, ist die zweite Impfung umgehend bei Wiederverfügbarkeit des Impfstoffs nachzuholen. Wegen des Adjuvans muss die Impfung unbedingt intramuskulär gegeben werden, da bei einer subkutanen Gabe vermehrt starke Lokalreaktionen auftreten können.

Die Wirksamkeit der Impfung ist auch bei älteren Menschen gut: Bei den > 50-Jährigen liegt die klinische Wirksamkeit bei 97,2% [31], bei den > 70-Jährigen immer noch bei 91,3% [32]. Selbst bei Personen mit Gebrechlichkeit (Frailty und Pre-Frailty) zeigte der Totimpfstoff eine Wirksamkeit von ca. 90% [33].

Bei > 60-Jährigen führte eine einmalige Boosterimpfung nach 10 Jahren zum deutlichen Anstieg der erregerspezifischen CD4-spezifischen T-Zell-Antwort. Eine zweite Boosterimpfung führte dagegen zu keinem weiteren Anstieg der Immunantwort [34]. Vermutlich hält die Schutzwirkung also mindestens 10 Jahre an. Klinische Daten zur Dauer der Schutzwirkung liegen allerdings nicht vor. Aktuell wird keine Auffrischimpfung gegen HZ empfohlen (Tab. 1).

Eine durchgemachte HZ-Infektion schützt nicht davor, wiederholt an HZ zu erkranken. Die Impfung mit dem Totimpfstoff ist auch bei Patienten, die bereits an HZ erkrankt waren, möglich. Die Symptome der Erkrankung sollen vollständig abgeklungen sein, bevor die Impfung durchgeführt wird. Die Daten zur klinischen Wirksamkeit des Impfstoffs bei Patienten mit überstandener HZ-Erkrankung sind allerdings begrenzt. Als häufigste lokale unerwünschte Wirkung treten bei bis zu 80% der geimpften Personen Schmerzen an der Injektionsstelle auf. Die häufigste systemische Nebenwirkung bei bis zu 45% der Geimpften ist Müdigkeit und Erschöpfung. Diese Nebenwirkungen bilden sich in den meisten Fällen innerhalb von 7 Tagen zurück. Schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Todesfälle und potenziell immunvermittelte Erkrankungen wie z. B. Guillain-Barré-Syndrom traten in den Studien nicht signifikant häufiger als in der Placebogruppe auf [35].

Aktuell wird eine Studie zur klinischen Wirksamkeit bei durchgemachter HZ-Erkrankung durchgeführt. Zwischen Januar und August 2019 wurden zudem zehn Verdachtsfälle von HZ oder Zoster-artigen Hautläsionen im engen zeitlichen Zusammenhang zur Impfung in Deutschland gemeldet. Nach der Veröffentlichung wurden weitere Fälle angegeben. Aktuell werden diese Fälle vom Referat Pharmakovigilanz erfasst und in einer Studie ausgewertet.

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Dr. med. Anja Kwetkat

Klinik für Geriatrie, Universitätsklinikum Jena