Ein 1971 geborener Patient stellt sich wegen eines Ulkus am Penis vor (Abb. 1). Der Patient ist homosexuell, hat keinen festen Partner und keine wesentlichen Vorerkrankungen. Vor 20 Jahren wurde er wegen einer Gonorrhoe behandelt.

Abb. 1
figure 1

© Martin Karwat

Ulkus am Penis.

Zunächst wird der Patient körperlich untersucht. In diesem Fall handelt es sich (fast) um die Blickdiagnose eines Primäraffekts bei Syphilis.

Die Untersuchung (einschließlich rektaler Untersuchung) ergibt einen unauffälligen Befund. Es ist v. a. auf Exantheme und Enantheme (Mundhöhle), Lymphknotenvergrößerungen und Hepatomegalie zu achten.

Zur Diagnosestellung und zum Ausschluss weiterer sexuell übertragbarer Erkrankungen werden folgende Untersuchungen durchgeführt: Laboruntersuchung auf Syphilis, Hepatitis-Serologie, Abstriche urethral und anal auf Chlamydien und Gonorrhoe, HIV-Test.

Die Untersuchung auf Syphilis ergibt einen TPHA-Titer von 1:10.000, einen positiven Cardiolipin-Flockungstest (VDRL) mit Titer von 1:16 und ein positives FTA Abs IgM. Somit besteht eine behandlungsbedürftige Syphilis. Die Befunde für Hepatitis, Gonorrhoe und Chlamydien sind negativ. Der HIV-ELISA- und der Western-Blot-Test sind positiv.

Was ist jetzt zu tun?

Zunächst muss die HIV-Infektion bestätigt und das Stadium abgeklärt werden. Dafür werden HI-Viruslast und Immunstatus (CD4/CD8-Zellen) des Patienten bestimmt. Letzterer zeigt einen normalen Wert der CD4-positiven Lymphozyten (761/µl abs., 27% aller peripheren Lymphozyten) und der CD8-positiven Lymphozyten (1.274/µl abs., 45%). Die HI-Viruslast beträgt 43.500 Kopien/ml. Somit ist die HIV-Infektion gesichert.

Gemäß der aktuellen deutsch-österreichischen Leitlinien zur Behandlung der HIV-Infektion [1] soll jeder Patient mit nachgewiesener HIV-Infektion antiretroviral behandelt werden. Behandlungsziel ist das Absenken der Viruslast unter die Grenze von 50 Kopien/ml Plasma. Damit sollen die Krankheitsprogression, die Immunaktivierung und die daraus resultierenden Entzündungsprozesse sowie Organschädigungen reduziert und eine HIV-Übertragung auf andere Personen verhindert werden.

Vor der Therapie muss ein HIV-Resistenztest abgenommen und der HLA-B5701-Genotyp bestimmt werden. Bei etwa 10% der therapienaiven Patienten bestehen übertragene Resistenzmutationen. Ein positiver HLA-B5701-Genotyp schließt eine Therapie mit Abacavir aus [1].

figure 2

Dr. med. Martin Karwat

Praxis Untersendling, München