Die Bereitschaft zur Krebsvorsorge hat seit dem Ausbruch von COVID-19 in Deutschland gelitten. Prof. J. F. Riemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke, ruft dazu auf, der Panik mit Aufklärung zu begegnen, sodass wieder mehr Menschen die Chancen der Früherkennung nutzen.

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© Christoph Burgstedt / Getty Images / iStock

Im Rahmen der Vorsorgekoloskopie können potenziell gefährliche Polypen rechtzeitig entfernt werden.

Seit März dieses Jahres grassiert das Corona-Virus massiv in Deutschland mit derzeit ca. 360.000 Infektionen und knapp 10.000 Todesfällen - Tendenz steigend. Weltweit sind inzwischen nahezu 40 Millionen Menschen daran erkrankt, über 1 Million verstorben (Stand Oktober 2020). Deutschland hat nach einem Lockdown im Frühjahr mit absehbaren Einschnitten auf fast allen Ebenen der Gesundheitsversorgung eine vorübergehende Beruhigungsphase erlebt und sieht sich jetzt wieder einem Aufflackern der Pandemie ausgesetzt. So war zu erwarten, dass auch Angst und Furcht der Menschen vor einer Infektion mit dem Corona-Virus wieder ansteigen. Beides war ganz besonders in der ersten Phase zu beobachten, wo Menschen Kliniken und Arztpraxen gemieden und vor allem auch Vorsorgeuntersuchungen abgesagt haben [1]. Zur allgemeinen Verunsicherung hat auch die ständige, zum Teil wenig kritische Berichterstattung in den Medien beigetragen, die sich mit Hiobsbotschaften überboten und eher Panik als Aufklärung bewirkt haben.

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Die Stifung LebensBlicke möchte dazu beitragen, dass mehr Menschen von der Darmkrebsvorsorge profitieren.

In der ersten Phase der Pandemie sind gerade die Hausarztkontakte um über 70% eingebrochen. Auch eine Erhebung des Berufsverbandes niedergelassener Gastroenterologen (bng) unter seinen Mitgliedern hat gezeigt, dass es nicht nur zu vielen Absagen elektiver Untersuchungen wie der Vorsorgekoloskopie, sondern auch zu vorübergehenden Schließungen von Arztpraxen gekommen ist [2]. Die Stiftung LebensBlicke hat schon sehr früh darauf aufmerksam gemacht, dass nach der ersten Pandemiephase auch Vorsorgemaßnahmen wieder ins Blickfeld genommen werden müssen. Jährlich erkranken immer noch ca. 58.000 Menschen an Darmkrebs, ca. 25.000 sterben an dieser heimtückischen Krebserkrankung auch deshalb, weil anspruchsberechtigte Personen ihre Chance zur Früherkennung in nicht genügendem Umfang wahrnehmen. Diese Zahlen werden kommentar- und kritiklos in der Öffentlichkeit hingenommen und sollten eigentlich einen jährlichen Aufruf zur Vorsorge wert sein. Die Zahlen sind auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wichtig, weil es durch das Verschieben oder Absagen von Screening-Untersuchungen in einer späteren Phase zu einem Anstieg von Darmkrebserkrankungen auch in fortgeschritteneren Stadien kommen kann.

Es ist gefährlich, Vorsorge nicht zu nutzen

Inzwischen sind Kliniken und Arztpraxen bestens mit zusätzlicher Schutzkleidung und Hygieneartikeln ausgerüstet. Es bestehen tragfähige und sehr klare Hygienekonzepte, sodass Furcht vor Infektionen nicht mehr gerechtfertigt ist.

Nicht nur die COVID-19-Pandemie erfordert zwingend Prävention durch Befolgung der AHA-Regeln (Abstand, Händewaschen, Alltagsmasken); auch der Darmkrebs braucht Vorsorgemaßnahmen. Beides rettet Leben. Gerade die Pandemie sollte verdeutlichen, wie wichtig die Darmkrebsvorsorge für den Rückgang einer der häufigsten Krebserkrankungen des Menschen ist. Es ist daher gefährlich, Möglichkeiten der Vorsorge auszulassen. Die Ärzte müssen dafür Sorge tragen, dass das Denken an die eigene Vorsorge wieder in den Vordergrund rückt, und dass durch Angst vor Infektionen und einem falsch verstandenen Rückzug aus der Vorsorge das mögliche eigene Risiko ausgeblendet wird. Das gilt vor allem für Personen aus Risiko-Familien, wo schon eine Darmkrebserkrankung bestanden hat oder noch besteht [3].

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