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Dr. med. C. Jaursch-Hancke Endokrinologie und Diabetologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden

An 68 endokrinologischen Zentren in der Türkei wurden von April bis Juni 2017 die Glukosewerte von 1.264 Patienten < 65 Jahre mit Typ-2-Diabetes erfasst. Eine Übertherapie wurde definiert als ein HbA1c-Wert < 6,5% bei Behandlung mit zwei oder mehr oralen Antidiabetika oder Insulin. Ein Wert > 9% bedeutete eine Untertherapie.

Bei 1.052 wurde zusätzlich die Blutdruckeinstellung untersucht. Patienten mit Werten < 120 mmHg systolisch oder < 65 mmHg diastolisch bei Anwendung von zwei oder mehr Antihypertensiva galten als übertherapiert, bei Werten > 150 mmHg systolisch oder > 90 mmHg diastolisch wurde von einer Untertherapie ausgegangen.

Die glykämische Stoffwechsellage wurde bei 9,8% der Probanden über- und bei 14,2% untertherapiert. Der Blutdruck wurde bei 7,3% über- und bei 15,2% untertherapiert. Alter, Geschlecht, Raucherstatus und die Hypoglykämierate hatten dabei keinen Einfluss. Die Übertherapierten hatten im Allgemeinen einen höheren Bildungsgrad, eine kürzere Diabetesdauer, einen niedrigeren BMI, eine höhere körperliche Aktivität sowie niedrigere Blutdruckwerte.

In der übertherapierten Gruppe dominierte der Einsatz von Sulfonylharnstoffen und Gliniden. Insulin wurde weniger häufig eingesetzt als bei den optimal und den zu wenig Therapierten.

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Risiko Hypoglykämie.

Die behandelnden Ärzte korrigierten die antiglykämische Therapie bei 25% der Übertherapierten und bei 75,6% der Untertherapierten. Anders beim Blutdruck: Hier wurde nur bei 10,9% der Patienten mit zu niedrigem und bei 9,2% derjenigen mit unkontrolliert erhöhtem Blutdruck die Therapie verändert.

MMW-Kommentar

Gerade ältere Patienten haben keinen Vorteil von einem sehr niedrigen HbA1c -Zielwert < 6,5%. Trotzdem wird in der türkischen Studie jeder Zehnte übertherapiert. Der Anteil in den USA ist ähnlich hoch, weshalb man dies auch auf andere Länder übertragen kann. Noch größer ist das Ausmaß der antiglykämischen und antihypertensiven Untertherapie. Es zeigt sich aber, dass eine Übertherapie seltener als eine Untertherapie von den behandelnden Ärzten korrigiert wird. Insgesamt muss die Versorgung älterer Diabetiker verbessert werden.