Haustiere können sich mit SARS-CoV-2 infizieren, ohne symptomatisch zu erkranken. Die Sorge, Katzen oder Hunde könnten als „stille Überträger“ Einfluss auf das Pandemiegeschehen nehmen, ist aber zum jetzigen Stand wohl unbegründet. Die Leiterin der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München, Prof. Katrin Hartmann, erklärt, warum.
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MMW: Frau Prof. Hartmann, besteht überhaupt die Möglichkeit, dass sich Haustiere mit SARS-CoV-2 infizieren?
Hartmann: Eine Infektion sowohl von Hunden als auch von Katzen ist ganz sicher möglich. Dabei ist die Katze etwas empfänglicher als der Hund, weil sie mehr ACE2-Rezeptoren besitzt, über die das Virus in die Zelle eindringt. Es gibt auch deutlich mehr Berichte von nachweislichen Infektionen bei Katzen, in einem Fall auch aus Deutschland.
MMW: Wie haben sich die Tiere infiziert?
Hartmann: In dem Fall aus Deutschland wurde die Katze in einem Altenheim in der Oberpfalz infiziert, in dem es erlaubt ist, Haustiere zu halten. Die Katze zeigte allerdings, wie die meisten anderen infizierten Katzen auch, keinerlei Symptome. Im Moment befindet sie sich an der Tierärztlichen Hochschule Hannover in Quarantäne. Danach soll sie, da der Besitzer an COVID-19 verstorben ist, weitervermittelt werden.
MMW: Scheiden Katzen das Virus aus?
Hartmann: Ja, vermutlich sowohl über Sekrete als auch Exkrete.
MMW: Sind Fälle bekannt, in denen Haustiere das SARS-CoV-2 an Menschen weitergegeben haben?
Hartmann: Nein, es gibt derzeit absolut keinen Hinweis darauf, dass Katzen dieses Virus irgendwann auf den Menschen übertragen hätten. Im Moment gehen wir lediglich davon aus, dass die Infektion anders herum stattfindet, also Katzen sich beim Menschen infizieren können. Wie eine experimentelle Studie [1] zeigt, sind sie offenbar auch in der Lage, andere Katzen zu infizieren, sie entwickeln aber wahrscheinlich keine Symptome.
MMW: Was ist mit Hunden? Können sie an COVID-19 erkranken?
Hartmann: In Nature [2] ist der Fall eines Hundes publiziert, bei dem die Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde. Der Hund, ein Zwergspitz, ist nach der Quarantänezeit verstorben, aber er war schon 17 Jahre alt und hatte multiple medizinische Probleme. Daher ist es eher unwahrscheinlich, dass er an der SARS-CoV-2-Infektion gestorben ist. In der Publikation wird auch von einem zweieinhalb Jahre alten Deutschen Schäferhund berichtet, bei dem Antikörper nachgewiesen wurden, der aber gesund geblieben ist.
MMW: Gibt es speziell für Haustiere Tests auf SARS-CoV-2?
Hartmann: Zum Nachweis einer Infektion bei Tieren kann man theoretisch den gleichen RT-PCR-Test verwenden, der auch beim Menschen eingesetzt wird. Was bei Tieren nicht funktioniert, sind Antikörpertests vom Menschen. Wenn man wissen will, ob z. B. eine Katze irgendwann eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hat, geht das derzeit nur im Rahmen von wissenschaftlichen Studien. An der Medizinischen Kleintierklinik der LMU führen wir gerade eine Studie durch, in der wir schauen wollen, ob in München Katzen leben, die das Virus ausscheiden und/oder Antikörper gebildet haben.
MMW: Wenn Katzen das Virus aneinander weitergeben können, ohne symptomatisch zu erkranken, besteht damit die Gefahr, dass sie zur Ausbreitung der Pandemie beitragen können, indem sie ein stilles Virusreservoir bilden?
Hartmann: Zum aktuellen Zeitpunkt halten wir Experten für Katzeninfektiologie es für sehr unwahrscheinlich. Die Anzahl der Katzen, die bislang als SARS-CoV-2-positiv beschrieben sind, ist minimal im Gegensatz zur Anzahl infizierter Menschen. Unserer Ansicht nach ist es derzeit extrem unwahrscheinlich, dass eine Katze den Besitzer infiziert.
MMW: Was raten Sie Besitzern, die selbst an COVID-19 erkrankt sind und ihr Tier vor einer Infektion schützen möchten?
Hartmann: Wenn ein Besitzer positiv getestet wurde, empfehlen wir, dass sich eine andere Person um das Tier kümmern sollte. Ist das nicht möglich, würde ich empfehlen, bei jedem Kontakt mit dem Tier einen Mundschutz zu tragen.
Wenn die Katze eines infizierten Besitzers Freiläufer ist, kann sie unserer Meinung nach weiter nach draußen. Erstens hätte sie ja sonst noch engeren Kontakt zur infizierten Person, und zweitens würde das Halten in der Wohnung Stress für das Tier bedeuten. Das könnte dazu beitragen, dass es sich eher infiziert.
Interview: Dr. Elke Oberhofer
Warum Tiger im Zoo erkrankten
Aus dem Bronx Zoo in New York wurde von Tigern und Löwen berichtet, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion respiratorische Symptome entwickelten. Die Infektion erfolgte wohl durch einen positiv getesteten Wärter, wahrscheinlich über das Futter. Die in Zoos gehaltenen Großkatzenlinien stammen oft von einem engen Genpool, weshalb eine gewisse genetisch bedingte Immunsuppression vorliegt. Daher sind diese Tiere möglicherweise anfälliger für die Infektion und die Entwicklung einer Krankheit. Das erklärt vielleicht, warum die Großkatzen erkrankten, während infizierte Hauskatzen gesund blieben. (K. Hartmann)
Literatur
Halfmann PJ et al. N Engl J Med 2020; https://doi.org/10.1056/NEJMc2013400
Sit THC et al. Nature 2020; https://doi.org/10.1038/s41586-020-2334-5
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Hartmann, K. Können Haustiere Corona auf ihre Besitzer übertragen?. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 10–11 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0549-x
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