In den Zeiten der COVID-19-Pandemie funktioniert die ärztliche Versorgung nicht einfach so weiter. Das GKV-System hat deshalb schon zahlreiche Abrechnungsregelungen angepasst. Nun haben auch die Privatkassen die Notwendigkeit erkannt und Sonderregelungen für die Hygiene, sprechende Medizin und Videokonferenzen verabredet.
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Es handelt sich bei diesen Regelungen nicht um eine offizielle Änderung der GOÄ, sondern um ein „Abkommen“ der Bundesärztekammer mit dem PKV-Verband und den Beihilfestellen des Bundes und der Länder. Andere Versicherungsträger, die auch nach GOÄ erstatten — z. B. die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) oder die Postbeamtenkrankenkasse — sind davon nicht betroffen. Die Sonderregelungen bei der Privatabrechnung sind zunächst bis zum 31. Juli 2020 befristet.
Es gibt jetzt einen „Hygienezuschlag“ per Analogziffer
Schutzkleidung, Trennscheiben an der Anmeldung, mehr Verbrauch an Desinfektionsmitteln oder auch an Papierhandtüchern werden im GKV-Bereich teilweise von den Krankenkassen über den Sprechstundenbedarf bezahlt oder von der KV geliefert. Privatversicherungen haben sich an den Kosten bisher aber nicht beteiligt. Den besonderen Aufwand musste man bisher über einen in diesem Fall begründbaren höheren Steigerungsfaktor abdecken.
Zur Vereinfachung wurde deshalb jetzt die analoge Zuschlag-Nr. A245 GOÄ für „aufwändige Hygienemaßnahmen“ im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingeführt. Die Leistung kann je Sitzung zum 2,3-fachen Satz berechnet werden, allerdings nur bei einem unmittelbaren, persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt. Die übrigen Leistungen dürfen dabei maximal 2,3-fach gesteigert werden, es sei denn, es lägen andere Gründe nach § 5 Abs. 2 GOÄ vor, z. B. ein besonderer Aufwand wegen Adipositas oder kognitiver Einschränkung des Patienten.
MMW-Kommentar
Wie immer bei solchen Sonderregelungen gibt es Auslegungsfragen. So werden keine Ausschlussbestimmungen für die Nr. A245 genannt. Da es sich dabei aber um einen Kostenersatz und keine ärztliche Leistung handelt, können neben der Nr. A245 alle anderen GOÄ-Leistungen berechnet werden, auch z. B. die Nr. 3.
Für längere Telefonate geht die Nr. 3 GOÄ jetzt auch mehrfach!
Vergleichbar der Nr. 01 434 EBM ist ein mehrfacher Ansatz der Nr. 3 GOÄ für längere telefonische Beratungen möglich, und zwar je vollendete zehn Minuten, je Sitzung bis zu viermal und in bis zu vier Sitzungen pro Kalendermonat. Es resultieren daraus Höchstwerte von 16 Gesprächsziffern und 160 Minuten. Die Nr. 3 darf nur bis zum 2,3-fachen Gebührensatz gesteigert werden, also bis 20,10 Euro. Daraus ergibt sich ein maximales monatliches Honorar von 321,63 Euro.
Im Leistungstext oder als Fußnote muss dabei dokumentiert werden, dass der Patient wegen der Pandemie nicht persönlich die Praxis aufsuchen konnte und auch ein anderer mittelbarer Kontakt, etwa im Rahmen einer Videosprechstunde, nicht möglich war. Auch die Dauer des Telefonats muss in der Rechnung angegeben werden.
MMW-Kommentar
Beachtenswert ist, dass sich diese Sonderregelungen ausdrücklich nur auf telefonische Kontakte bezie-hen, sodass der Ansatz der Nr. 3 bei einem persönlichen Kontakt in der Praxis nicht tangiert ist. In diesem Fall kann die Nr. 3 GOÄ über den 2,3-fachen Satz hinaus gesteigert werden, falls die Beratung besonders (zeit)aufwändig ist.
Beim direkten persönlichen Kontakt bleibt allerdings die Beschränkung in Kraft, dass die Nr. 3 nur einmal im Behandlungsfall berechnet werden kann, mit einer besonderen Begründung aber auch mehrfach. Im Auge muss man dabei haben, dass der Behandlungsfall in der GOÄ nicht wie in der Sonderregelung als Kalendermonat definiert ist, sondern sich von der ersten Konsultation bis zum Tag mit der gleichen Nummer im nächsten Monat erstreckt.
Unterm Strich bedeutet dies, dass auch nach 16 Ansätzen der Nr. 3 laut Sonderregelung eine weitere Berechnung bei persönlicher Konsultation möglich ist (Tab. 2). Dann könnte auch der Hygienezuschlag nach Nr. A245 berechnet werden.
Psychiatrie und Psychotherapie bis Ende Juni per Videosprechstunde
Nur bis zum 30. Juni 2020 gibt es darüber hinaus für einige psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen der GOÄ Sonderregelungen. Die Nrn. 801, 807, 808, 860 und 885, die ansonsten grundsätzlich nur bei einem unmittelbaren persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt berechnungsfähig sind, können nun auch telefonisch oder per Videosprechstunde erbracht werden. Es muss allerdings ein Grund vorliegen, der sich aus der COVID-19-Pandemie ergibt. Auch die Leistungen nach den Nrn. 804, 806, 817, 846, 849, 861, 863, 870 und 886 können bis Ende Juni „auf Distanz“ erbracht werden, allerdings nur per Videosprechstunde.
MMW-Kommentar
Die Videokonferenz wird auch noch an anderer Stelle gestärkt, nämlich bei interdisziplinären und/oder multiprofessionellen Fallkonferenzen. Hier kann der Arzt, der sich zuvor mit dem Patienten befasst hat, die analoge Nr. A60 GOÄ ohne Einschränkung des Multiplikators berechnen. Diese Befassung musste bisher persönlich erfolgen, ist aber bis Ende Juni auch per Videosprechstunde möglich. Natürlich gilt diese Lockerung nicht nur für psychotherapeutische, sondern auch z. B. für geriatrische oder palliativmedizinische Anlässe.
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Zimmermann, G.W. Corona-Krise: Auch für die GOÄ gibt es nun Sonderregeln. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 30–31 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0512-x
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