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Prof. Dr. med. Markus Bleckwenn Leiter der Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig

Die Corona-Pandemie hat die Abläufe in den Hausarztpraxen verändert. Die Prävalenz von COVID-19- infizierten Patienten in den Hausarztpraxen ist bisher nicht bekannt. Um jedoch Infektionen des Praxispersonals und der Patienten zu vermeiden, wurde der Praxisbetrieb auf möglichst wenige Patientenkontakte umgestellt und die Hygienemaßnahmen wurden deutlich intensiviert. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben dazu aufgerufen, Corona-Ambulanzen aufzubauen.

Zielgruppe der Corona-Ambulanzen

In Corona-Ambulanzen sollen Patienten mit respiratorischen Beschwerden, Personen mit V. a. eine COVID-19-Infektion sowie COVID-19-Erkrankte behandelt werden. Nach den aktuellen Robert-Koch-Institut(RKI)-Richtlinien (Tab. 1) besteht ein begründeter Verdachtsfall auf eine COVID-19-Infektion, wenn ein Patient über Beschwerden wie Husten, Fieber und Kurzatmigkeit klagt und in den letzten 14 Tagen Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19 hatte. Des Weiteren empfiehlt das RKI eine differenzialdiagnostische Abklärung von akuten respiratorischen Symptomen bei Risikopatienten. Dies sind Patienten mit einer Tätigkeit in der Pflege, Arztpraxis oder Krankenhaus und/oder Patienten, die einer Risikogruppe zugeordnet werden können: ältere Personen, Raucher, Personen mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oder COPD, Krebserkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem (krankheitsbedingt oder medikamentös).

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Corona-Ambulanz im Container (Tübingen).

© ULMER / Pressebildagentur ULMER / picture alliance

Tab. 1 RKI-Richtlinien für eine PCR-Testung auf eine COVID-19-Infektion

Die Indikation, ob ein Patient in einer Corona-Ambulanz behandelt werden soll, stellt der Hausarzt. Durch die Corona-Ambulanzen soll der Regelbetrieb der Hausarztpraxen und der Notaufnahmen entlastet werden. Dies wäre insbesondere dann notwendig, wenn die Anzahl an Corona-Erkrankten deutlich steigen würde.

Aufbau einer Corona-Ambulanz

In der Regel werden die Räumlichkeiten für den Aufbau einer Corona-Ambulanz von Städten oder Gemeinden zur Verfügung gestellt. Dies können z. B. Veranstaltungsstätten oder Sporthallen sein, die aufgrund der Abstandsregel zurzeit nicht in Benutzung sind. Für die Patientenbehandlung stehen dort einzelne Räume oder auch Hallen zur Verfügung. Größere Räume bzw. Hallen können durch Aufstellung von Raumteilern von mehreren Ärzten gleichzeitig genutzt werden. Zudem können die Städte und Gemeinden eine Grundausstattung wie Tische, Stühle, Mülleimer oder Garderobenständer bereitstellen. Auch eine tägliche Grundreinigung und die Müllentsorgung müssen organisiert werden. Das medizinische Equipment wird von den Praxen gestellt.

Medizinische Leistungen

Im Unterschied zu den Fieber-Ambulanzen werden in den Corona-Ambulanzen nicht nur Nasopharyngealabstriche oder Rachenabstriche zur Untersuchung auf COVID-19 durchgeführt werden, sondern auch Patienten körperlich untersucht, Atteste ausgestellt und Rezepte geschrieben.

Jeder Arzt, der in einer Corona-Ambulanz arbeiten möchte, zeigt dies schriftlich bei seiner KV an. Alle ärztlichen Leistungen, die aufgrund des klinischen V. a. eine COVID-19-Infektion oder einer nachgewiesenen Infektion erforderlich sind, werden extrabudgetär vergütet. Hausärzte können ihren Patienten auch eine Überweisung für eine COVID-19-PCR-Untersuchung in einer Corona-Ambulanz ausstellen.

Organisation der Ambulanzen

Die Patienten können nicht unmittelbar in die Corona-Ambulanzen gehen, sondern müssen sich zuvor bei ihrem Hausarzt telefonisch melden. Stellt der Hausarzt die Indikation für eine Untersuchung in der Corona-Ambulanz, bestellt er den Patienten zu einem festen Zeitpunkt in die Ambulanz ein oder überweist zu einem dort tätigen Kollegen. In der Ambulanz werden die Patienten entweder von den Mitarbeitern der eigenen Hausarztpraxis geleitet oder dies wird von einer Person für alle beteiligten Praxen übernommen, zum Teil auch von freiwilligen Helfern.

Hygienemaßnahmen und Infektionsschutz

Der Patient sollte vor Betreten der Ambulanz einen Mund-Nasen-Schutz anziehen. Im Anmeldebereich kann ein Spuckschutz für das Personal durch eine Plexiglasscheibe aufgebaut werden. Im Wartebereich muss der Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten werden. Bestenfalls kann der Patient nach der Anmeldung direkt in das Behandlungszimmer geführt werden.

Zur Behandlung der Patienten benötigt der behandelnde Arzt und ggf. der betreuende Mitarbeiter eine persönliche Schutzausrüstung (PSA). Diese wird von den KVn zur Verfügung gestellt und besteht in der Regel aus einem Einmalschutzanzug mit Haube, Schuhüberzieher, Augen-/Gesichtsschutz (Brille), Atemschutzmaske (mind. FFP2-Maske) und medizinischen Einmalhandschuhen (Tab. 2 — Reihenfolge beim An- und Ausziehen der PSA).

Tab. 2 Reihenfolge, in der die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) an- und ausgezogen werden sollte

Was wird nach der Untersuchung verworfen?

Nach der Untersuchung wird außer der Schutzbrille und der FFP2-Maske das Material verworfen. Die Schutzbrille sollte mindestens einmal täglich desinfiziert werden.

Werden mehrere Patienten hintereinander untersucht, können nur die Handschuhe gewechselt werden. Wird die PSA jedoch durch Husten oder Niesen durch den Patienten verunreinigt, sollte die gesamte PSA ausgewechselt werden.

Nach der Patientenbehandlung erfolgt eine Flächendesinfektion der Hand- und Hautkontaktstellen (Patientenstuhl, Untersuchungsliege, Türklinke) sowie eine Wischinfektion der verwendeten Medizinprodukte (z. B. Stethoskop, Blutdruckmanschette). Geeignete Desinfektionsmittel im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit, mit dem Wirkungsbereich „begrenzt viruzid“, „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“. Die nicht-flüssigen Abfälle können in verschlossenen und reißfesten Plastiksäcken im normalen Hausmüll entsorgt werden.

Vorgehen bei Verdacht auf eine COVID-19-Infektion

Durch ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung wird zunächst festgestellt, ob eine ambulante Behandlung des Patienten möglich ist. Ansonsten wird der Patient nach Anmeldung eines COVID-19-Infektverdachts ins Krankenhaus eingewiesen. Falls ein Rettungsdienst benötigt wird, erfolgt eine Anmeldung als Infektfahrt.

Bei leichtem Erkrankungsgrad erhält der Patient einen Rachenabstrich zur Durchführung einer SARS-CoV-2-PCR im Labor. Der Patient bleibt bis zum Vorliegen eines negativen Testergebnisses zu Hause und erhält, wenn notwendig, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Bei einem begründeten V. a. eine Corona-Infektion ist das Gesundheitsamt zu informieren.

Ausblick

Die Behandlung von Patienten in Corona-Ambulanzen ist wahrscheinlich bis zum Erreichen einer Herdenimmunität sinnvoll und notwendig. Die geschaffene Infrastruktur könnte in Zukunft auch zu größer angelegten Abstrichuntersuchungen oder Impfungen der Bevölkerung dienen.

Auch wenn Deutschland bis vor der Krise Weltmeister bei den Arztbesuchen war, benötigen vor allem chronisch kranken Patiente wieder regelmäßige Kontrolluntersuchungen, um die gewohnte Behandlungsqualität beizubehalten.

Die gezielte Behandlung von Infektpatienten in der Corona-Ambulanz sollte auch den Patienten kommuniziert werden. Dies könnte die Angst der Patienten vor einer möglichen Ansteckung mit COVID-19 in den Praxen und Kliniken reduzieren. Es ist wichtig, das die Patienten, insbesondere bei akuten Beschwerden, wieder vermehrt ihre behandelnden Ärzte aufsuchen.

Behandlung von Infektpatienten in CoronaAmbulanzen nimmt den anderen Patienten die Angst vor Ansteckung.