_ Nebennieren-Inzidentalome sind zufällig entdeckte Raumforderungen ohne vorherige anamnestische oder klinische Hinweise auf eine adrenale Erkrankung oder ein Malignom. Bei einem derartigen radiologischen Befund stellt sich die Frage: Was steckt dahinter?

Marker der Malignität

60–85% dieser Raumforderungen sind hormoninaktiv und gutartig. Bei 15% handelt es sich jedoch um Metastasen eines bis dahin unbekannten Karzinoms, bei 5–10% um ein Cortisol-produzierendes Adenom und bei 3–5% um ein Phäochromozytom. Sehr gefürchtet werden die hochmalignen Nebennierenrindenkarzinome (2%). Die Schlüsselfragen, die es zu klären gilt, betreffen die nach der Malignität und ob die Raumforderung eine signifikante Menge an Hormonen produziert.

Als Indizien für die Malignität eines Inzidentaloms gilt die Größe des Tumors. Der Literatur zufolge steigt das Risiko etwa ab einem Durchmesser von 4 cm deutlich an. Damit bildet die Größe des Tumors einen Hinweis auf ein Karzinom, aber auch nicht mehr, so Prof. Marcus Quinkler, Berlin. Als verdächtig gelten weiterhin eine unscharfe Begrenzung der Raumforderung, eine inhomogene Struktur oder die Infiltration in benachbartes Gewebe.

Leitlinien zur Abklärung

Die europäische Gesellschaft für Endokrinologie (European Society of Endocrinology) hat Leitlinien zum Management von adrenalen Inzidentalomen publiziert [1]. Als verlässlicher Beleg für einen benignen Tumor gilt danach das Nativ-CT. Ermittelt der Radiologe eine homogene Raumforderung mit einer Hounsfield Unit ≤ 10, dann spricht das eindeutig für ein fetthaltiges, gutartiges Gewebe, etwa einem Adenom oder Lipom. Bei Werten > 10 gilt das Inzidentalom als malignitätsverdächtig. Unklare Tumoren sollten mittels weiterer Bildgebung (MRT mit chemical shift, Wash-out-CT, FDG-PET) untersucht werden. Unter Umständen sollte der Tumor dann entfernt werden oder auch erst nach 6–12 Monaten, wenn er gemäß Follow-Up-Bildgebung weiter gewachsen ist.

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Phäochromocytom rechts (CT).

DR. BARRY SLAVEN / VISUALS UNLIMITED, INC. / SCIENCE PHOTO LIBRARY

Ein Phäochromozytom ausschließen

Jedes adrenale Inzidentalom sollte auf das Vorliegen eines Phäochromozytoms untersucht werden, auch wenn diese Tumoren selten sind. Der Ausschluss erfolgt über die Bestimmung von Metanephrin oder Normetanephrin im Plasma oder 24-Stunden-Sammelurin. Das klinische Beschwerdebild ist bunt und hilft nicht bei der Abklärung. Klare Hinweise wie Kopfschmerzen, Palpitationen und Schwitzen finden sich nur bei 10% der Betroffenen.

Bei Patienten mit Bluthochdruck und/oder Hypokaliämie sollten Adrenalin und Renin bestimmt werden. Ein auffälliger Quotient sollte als Anlass genommen werden, um nach einem Conn-Adenom zu fahnden. Der Dexamethason-Hemmtest dient dazu, einen möglichen Cortisol-Überschuss abzuschätzen. Entweder fällt das Cortisol ab oder es wird bei Vorliegen einer autonomen Cortisol-Sekretion weiter durch den Tumor der Nebenniere produziert.

Verlaufskontrollen

Kann sich ein gutartiges Inzidentalom über die Zeit in ein bösartiges umwandeln oder doch vermehrt Hormone produzieren? Das Risiko, dass aus einem hormoninaktiven Tumor ein Conn-Adenom wird, wird als extrem niedrig eingeschätzt, erklärte Quinkler. Ähnliches gilt für das Phäochromozytom oder ein klinisch-aktives Cushing-Syndrom (< 1%). Einzig eine mittels Dexamethasontest nachgewiesene autonome Cortisolsekretion sollte einmal im Jahr kontrolliert werden, da sich daraus bei 18–20% der Patienten mit der Zeit doch ein manifestes Cushing-Syndrom entwickeln kann.