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_ Häufig wird ein Attest auf Bitten des Patienten ausgestellt (zur Bedeutung von Attesten siehe MMW Fortschr Med. 2010; 152(34-35):40–1). Dies ist jedoch kein Anlass für eine „Gefälligkeitsbescheinigung“. Tatsachen (= Befunde) und Interpretationen (= Diagnosen) müssen sauber getrennt werden, nachvollziehbar sein und auch überprüfbar dargestellt werden.
Nicht selten werden Atteste, Aufzeichnungen und/oder Zeugenaussagen eines Arztes in Ermittlungs- und Gerichtsverfahren als Beweismittel verwendet. Dies belegt einerseits die Wichtigkeit einer korrekten Dokumentation, auch über die klinische und arztrechtliche Funktion hinaus, und begründet andererseits die Gefahr höchstnotpeinlicher Momente bei einer eingehenden Befragung durch Verfahrensbeteiligte.
Bei der Bitte um „Bescheinigung“ einer Kindesmisshandlung oder häuslichen Gewalt ist besonderes Augenmerk auf die Dokumentation und Interpretation zu legen, wie das folgende Beispiel zeigt. Ein Hausarzt wurde an einem Freitag von einem Vater bedrängt, seine fünfjährige Tochter zu untersuchen und zu bescheinigen, dass die Kindesmutter, die vom Vater in Trennung lebt, das gemeinsame Kind „gestern oder heute“ misshandelt hätte. Am Vortag seien noch keine Verletzungen zu sehen gewesen. Daraufhin attestiert der Hausarzt „Hämatome und Schürfungen an den Extremitäten“, die „aus hausärztlicher Sicht eine Kindeswohlgefährdung“ belegen. Konkrete Angaben zu Art, Ausprägung und Lokalisation wurden nicht gemacht, befanden sich nach Angaben des Arztes in seiner Zeugenaussage auch nicht in der Patientenakte des Kindes. Eine körperliche Untersuchung mit Inspektion des gesamten Körpers sei nicht erfolgt. Das Kind sei verschüchtert gewesen und hätte nichts erzählt.
Vom Vater wurden dann Handyfotos als Beweismittel beigebracht (Abb. 1a–c). Aus rechtsmedizinischer Sicht sind diese Verletzungen a) nicht zeitgleich entstanden und b) viel eher als Spielverletzungen denn als Misshandlungsfolgen anzusehen. Auf entsprechende Vorhalte gab der Arzt an, dass die Interpretation ihm „fast drohend“ vom Vater vorgegeben worden sei.
In solchen Fällen ist es ratsam, die Beurteilung abzulehnen und das Kind, ggf. über das Jugendamt, in einer Kinderschutzambulanz vorzustellen. Hier ist der persönliche Abstand zu Kind und Eltern größer und eine Beeinflussung seitens der so agierenden Personen weniger möglich.
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Graw, M., Mützel, E. Tatsachen und Interpretationen sauber trennen!. MMW - Fortschritte der Medizin 160, 38 (2018). https://doi.org/10.1007/s15006-018-0935-9
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