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Knast ist kein Jungbrunnen.

© kbwills / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell(en))

_ Um die medizinische Versorgung von Häftlingen sicherzustellen, orientiert man sich bislang an ihren chronischen Krankheiten. Diese könnten jedoch nicht das alleinige Maß sein, um die Gesundheit eines Menschen einzuschätzen, meinen Meredith Green und Kollegen der University of California, San Francisco. Unter Haftbedingungen müssten auch geriatrische Aspekte zunehmend berücksichtigt werden. In einer Querschnittsanalyse haben Green und Kollegen nun verschiedene Symptome der Gebrechlichkeit von 238 Gefängnisinsassen ab 55 Jahren mit den Beschwerden von 6.871 selbstständig lebenden Erwachsenen aus der Health and Retirement Study (HRS; Kontrollgruppe) verglichen.

Geriatrie für Gefangene

In den altersadaptierten Analysen traten alle geriatrischen Symptome signifikant häufiger bei den Häftlingen auf. Auch beim Vergleich mit den 20% einkommensschwächsten Altersgenossen der Kontrollgruppe schnitten die Gefängnisinsassen schlechter ab. Insgesamt zeigten sich häufiger funktionelle Verschlechterungen (34% vs. 10% Gesamtkontrollgruppe vs. 19% einkommensschwächste HRS-Quintile), Mobilitätseinbußen (42% vs. 18% vs. 31%), Hörverluste (45% vs. 21% vs. 29%), Multimorbidität (69% vs. 46% vs. 56%), Harninkontinenz (27% vs. 9% vs. 11%) und Stürze (30% vs. 22% vs. 23%).

Vier von sechs geriatrischen Symptomen wurden bei den durchschnittlich 59-jährigen Häftlingen ähnlich häufig diagnostiziert wie bei Personen der HRS-Gruppe, die 75 Jahre und älter waren.

Da sich Gebrechlichkeit im Gefängnis signifikant früher einstellt als in der Allgemeinbevölkerung, so Green und Kollegen, seien für Häftlinge in den Fünfzigern ein geriatrisches Assessment und eine geriatriegerechte Versorgung erforderlich. Zudem müssten Gefängnisärzte entsprechend geschult werden.