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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

Ein 52-jähriger Mann litt seit zwei Monaten unter Husten und Belastungsdyspnoe. Er begab sich deswegen in eine pneumologische Ambulanz. Schon seit längerer Zeit war bei ihm eine Panzytopenie bekannt, deren Ursache aber selbst nach einer Knochenmarksbiopsie unklar war. Sein Bruder war verstorben, nachdem er wegen einer aplastischen Anämie eine Knochenmarkstransplantation erhalten hatte.

Bei der körperlichen Untersuchung des Patienten ergaben sich mehrere merkwürdige Befunde, darunter ein Kleinwuchs, dünne, ergraute Haare und fehlende Zähne. Es war aber die Trias aus einer Nageldystrophie (Abb. A), einer Leukoplakie der Zunge (Abb. B) und einer netzartigen Hypopigmentierung am Nacken (Abb. C), die zur klinischen Verdachtsdiagnose einer Dyskeratosis congenita (Zinsser-Cole-Engman-Syndrom) führte. Dabei handelt es sich um eine erbliche Erkrankung, die durch eine gestörte Funktion der Telomerase hervorgerufen wird.

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A: Nageldystrophie. B: Leukoplakie der Zunge. C: Hypopigmentierung am Nacken.

© N Engl J Med. 2017;376:1460

Telomerasen reparieren die Chromosomen-Enden, die bei der Verdopplung der DNA vor der Zellteilung nur unvollständig synthetisiert werden können. Manche Patienten zeigen kaum äußerliche Auffälligkeiten. Stärker betroffene Personen haben deutlich sichtbare Haut-, Schleimhaut-, Zahn- und Nagelveränderungen sowie bedrohliche Erkrankungen wie Knochenmarksdepression, Malignome und Lungenfibrose. Letztere wurde auch im vorliegenden Fall festgestellt. Die Untersuchung der Leukozyten im peripheren Blut bestätigte, dass sich die Telomerlänge bei dem Patienten in der ersten altersbezogenen Perzentile befand. Er wurde mit Danazol behandelt, einem synthetischen Androgen, das die Telomere verlängern kann. Es kam daraufhin zu einem Anstieg aller drei Zellreihen.