_ Bei Kindern, die an Tb erkranken, ist zu drei Viertel die Lunge infiziert. Zu 9% manifestiert sich die Infektion in extrathorakalen Lymphknoten, zu 3% in Knochen und Gelenken sowie zu 2% im ZNS. Damit unterscheidet sich die Lokalisation nicht von derjenigen bei älteren Patienten, erklärte Dr. Carlos Severien-Labayru aus Böblingen. Während Erwachsene aber oft eine offene, hoch ansteckende Lungen-Tb entwickeln, überwiegt bei Kindern die geschlossene Form deutlich (Abb. 1). Immundiagnostik, Tuberkulin-Hauttest (THT) oder Interferon-Gamma-Test (IGRA), Röntgenbild und der Zustand des jungen Patienten bestätigen die Erkrankung, ein Erregernachweis im Magensaft oder Sputum ist jedoch nur selten möglich.

Abb. 1
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Röntgenbild einer geschlossenen Lungentuberkulose (Primärkomplex) bei einer 3-jährigen Patientin. Tb-Indexfall ist der Vater.

© Dr. med. Carlos Severien-Labayru

Der einzige vom Robert-Koch-Institut zugelassene THT ist der PPD-RT 23. Dabei werden zwei Einheiten Tuberkulin (= 0,1 ml) in die oberste Hautschicht injiziert. Eine Induration > 5 mm nach 48–72 Stunden gilt als positiv und spricht für einen Kontakt mit der Indexperson innerhalb der zurückliegenden zwei bis zehn Wochen. Der alternative IGRA-Test beruht darauf, dass T-Zellen von Patienten Interferon gamma (IFN γ) produzieren, wenn sie erneut mit Tb-Antigen in Kontakt kommen.

Nach Kontakt mit Tb-Indexperson unbedingt Chemoprophylaxe

Auslöser für die Infektion ist immer ein enger Kontakt zu einer an offener Tb erkrankten Person, typischerweise dem Vater oder der Mutter oder den in der Wohnung lebenden Großeltern. Was tun, um herauszufinden, ob sich ein Kleinkind angesteckt hat oder nicht? Es sollte ein Röntgenbild veranlasst und der THT und/oder IGRA durchgeführt werden. Negative Untersuchungsergebnisse sind aber kein Anlass für eine Entwarnung. „Bei dieser Konstellation ist dringend eine Chemoprophylaxe zu empfehlen und zwar solange, bis eindeutig klar ist, ob das Kind infiziert ist oder nicht“, erklärte der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Das Kind sollte konsequent über drei Monate jeden Tag Isoniazid (INH) erhalten. Danach wird die Immundiagnostik wiederholt. Fällt diese negativ aus, kann die Prophylaxe beendet werden.

Sind THT bzw. IGRA positiv, das Röntgenbild jedoch unauffällig, wird die INH-Gabe mit entsprechenden Kontrollen über noch einmal sechs Monate verlängert. Man spricht von einer präventiven Chemotherapie: Das Kind ist infiziert, die Krankheit aber noch nicht eingetreten. Isoniazid sollte entweder eine Stunde vor dem Essen oder zwei Stunden danach verabreicht werden, da die Resorption durch Fette in der Mahlzeit erheblich beeinträchtigt wird.

Eine gesicherte Tb-Exposition, positive Immundiagnostik sowie ein im Röntgenbild sichtbares Granulom markieren den Übergang von der latenten zur aktiven Tb. Nun benötigen die Kinder eine erweiterte Therapie. Diese setzt sich i. d. R. zusammen aus INH, Rifampicin und Pyrazinamid (INH/RMP/PZA) über zwei Monate, gefolgt von der Zweierkombination INH/RMP über vier Monate. Für unkomplizierte Verläufen sind diese sechs Monate ausreichend. Eine Tb vom Erwachsenentyp erfordert eine noch um Ethambutol (INH/RMP/PZA/EMB) über zwei Monate erweiterte Therapie, gefolgt von einer Zweifachtherapie (INH/RMP) für sieben Monate.