_ Bei einem 25-jährigen Patienten bestanden seit etwa zehn Jahren narbig-atrophische, alopezische Herde mit follikulär gebundenen Hyperkeratosen und Pusteln am Kapillitium (Abb. 1). Im Gesicht, insbesondere an den Augenbrauen und Wangen, sowie an den Streckseiten der Oberarme und Oberschenkel fanden sich in symmetrischer Ausprägung follikulär gebundene, keratotische Papeln auf gerötetem Grund, welche der Haut einen reibeisenförmigen Aspekt verliehen (Abb. 2). Beidseitig waren die lateralen Anteile der Augenbrauen verschwunden. Wimpern und Nägel waren hingegen unauffällig. Weiterhin bestand eine beidseitige Hornhautdystrophie mit Lichtempfindlichkeit. Bei den Eltern und dem 23-jährigen Bruder des Patienten gab es keine derartigen Haut- und Augenveränderungen.

Abb. 1
figure 1

Narbig-atrophische, alopezische Herde mit follikulär gebundenen Hyperkeratosen und Pusteln am Kapillitium.

© T. Jansen

Abb. 2
figure 2

Follikulär gebundene, keratotische Papeln auf gerötetem Grund im Gesicht.

© T. Jansen

Die Diagnose lautete Keratosis follicularis spinulosa decalvans, auch bekannt als Siemens-I-Syndrom. Hierbei handelt es sich um eine seltene, meist X-chromosomal vererbte, follikuläre Verhornungsstörung der Haut, die häufig mit einer Hornhautdystrophie assoziiert ist. Der Genlokus ist bei Xp22.13–p22.2. Die Erkrankung manifestiert sich gewöhnlich bereits in der Kindheit, schreitet bis zur Pubertät fort und bleibt dann unverändert bestehen. Am Integument entwickeln sich derbe, stachelförmige, erythematöse, follikuläre Hyperkeratosen mit bevorzugter Lokalisation an Gesicht, Nacken, Unterarmen und Handrücken. Gerade beim männlichen Geschlecht manifestiert sich die Erkrankung auch an Wimpern, Augenbrauen und am Kapillitium. Chronische, follikulär gebundene Entzündungsreaktionen führen zu einem Untergang der Haarfollikel und damit zu einer vernarbenden Alopezie.

Die Therapie der Erkrankung ist symptomatisch und beschränkt sich auf die lokale Anwendung rückfettender und keratolytischer Externa. Im entzündlichen Stadium der Erkrankung, das zu einer irreversiblen, vernarbenden Alopezie führt, wurden unterschiedlich gute Ergebnisse mit dem systemischen Einsatz von Retinoiden erzielt.