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Prof. Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Manfred Gross

_ Für die meisten Menschen stellt die Verdauung erfreulicherweise keine Schwierigkeit dar. Im Fall der Obstipation oder Diarrhö wird aber die üblicherweise kaum wahrnehmbare Verdauungsfunktion zum Problem. Sie kann die Lebensqualität der Patienten erheblich einschränken und den Alltag prägen.

Die Obstipation als Volkskrankheit auf die veränderten Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zurückzuführen, ist ein gängiger Ansatz, der den betroffenen Personen jedoch meist wenig hilft. Wohl kaum ein Patient wird anfangen, mehr Sport zu treiben, bloß um regelmäßiger Stuhlgang zu haben. Im Mittelalter war die Ernährung deutlich ballaststoffreicher, in der Steinzeit dagegen deutlich ballaststoffärmer als heute. Nun wissen wir wenig über die Stuhlgewohnheiten der Steinzeitmenschen, aber es wäre sicher verkürzt, das Phänomen der Obstipation in erster Linie auf einen Ballaststoffmangel zurückzuführen.

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Wer verbringt schon gerne viel Zeit auf diesem Örtchen?

© Kemter / Getty Images / iStock

Dennoch besteht die Möglichkeit, eine Obstipation durch eine Ernährungsumstellung zu lindern. Wenn dies nicht ausreicht, sind medikamentöse Ansätze unverzichtbar. In diesem Fall ist folgende Information für die Patienten wichtig: Abführmittel führen zu keinen Gewöhnungseffekten, machen nicht abhängig und schädigen nicht den Darm. Mit ihnen kann bei fast jedem Patienten eine Linderung der Symptomatik erzielt werden. Wenn die entsprechende Therapie nicht zum Erfolg führt, sind Spezialuntersuchungen sinnvoll.

Das andere Ende des Spektrums der Stuhlgewohnheiten ist die Diarrhö, die für die Patienten nicht minder beeinträchtigend ist. Manchmal können Ernährungsgewohnheiten Ursache einer chronischen Diarrhö sein, z. B. der gesteigerte Konsum von zuckerfreien Nahrungsmitteln mit Zuckerersatzstoffen. Sie induzieren eine osmotische Diarrhö. Hier kann eine Analyse der Ernährungsgewohnheiten Klarheit schaffen. Allerdings ist bei den meisten Patienten mit akuter oder chronischer Diarrhö das Problem nicht so einfach zu lösen.

Die Antibiotika-assoziierte Diarrhö ist meist keine Folge einer Clostridium-difficile-Infektion, sondern einer Störung des Mikrobioms. Ein logischer Ansatz wäre, mit Probiotika eine Prävention und möglicherweise auch eine Therapie durchzuführen. Zwei große randomisierte kontrollierte Studien mit Laktobazillen und Bifidobakterien [1] bzw. Saccharomyces boulardii [2] erbrachten leider keinerlei positive Effekte. Allerdings lassen Schwächen im Studiendesign Fragen offen. Prof. Bogner gibt einen aktuellen Überblick zu dieser Thematik.