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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

Ein 51-jähriger Mann, der wegen einer terminalen Niereninsuffizienz unklarer Genese seit 15 Jahren dialysiert wurde, stellte sich wegen verkalkter Knoten an allen Fingerendgliedern vor (Abb. A). Zwei Jahre zuvor hatte er sich einer Parathyreoidektomie unterzogen, da man annahm, er habe bei therapierefraktärer Hypokalzämie einen Hyperparathyreoidismus, wozu auch die Laborbefunde passten. Nach der Operation hatten sich zwar die Kalziumwerte normalisiert, die Knoten waren aber weiter gewachsen.

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A: Verkalkte Knoten an allen Fingern. B: Kalkablagerungen an den distalen Phalangen.

© Lancet Diabetes Endocrinol. 2016;4:468

Eine Familienanamnese war unmöglich, da der Patient ein Waise war. Eine erneute sorgfältige Anamnese ergab jedoch, dass er vor langer Zeit rezidivierende Nierensteine gehabt hatte — wahrscheinlich der Grund für die Niereninsuffizienz. Im Röntgenbild zeigten sich Kalkdepots an den Fingerendgliedern (Abb. B) und eine Nephrokalzinose. Ein Screening metabolischer Parameter im Plasma ergab eine stark erhöhte Konzentration von Oxalat (316 μmol/l) und Glycerat (50,2 μmol/l). Der Glykolat-Spiegel war nahezu normal, sodass die Diagnose einer primären Hyperoxalurie vom Typ 2 gestellt wurde, einer seltenen, autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung. Dies wurde durch die humangenetische Untersuchung bestätigt, die eine Mutation von GRHPR im Exon 2 ergab. Die Dialysefrequenz wurde verdoppelt, und der Mann wurde zur Nierentransplantation angemeldet.

GRHPR kodiert für die Enzyme Glyoxylatreduktase und Hydroxypyruvatreduktase. Die Mutation führt zu Hyperoxalurie, rezidivierenden Nierensteinen, einer progressiven Nephrokalzinose, einer terminalen Niereninsuffizienz und systemischen Oxalatablagerungen. Bei frühzeitiger Diagnose können die Komplikationen durch eine intensivierte Hämodialyse vermieden werden.