figure 1

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

Eine 73-jährige Frau war über einen weißen Fleck und ein kleines Geschwür am rechten Zungenrand, die seit etwa einem Jahr bestanden, beunruhigt. Beim Essen empfand sie leichte Schmerzen an der Stelle. Sie war Nichtraucherin und trank keinen Alkohol. Bei der körperlichen Untersuchung waren keine vergrößerten Lymphknoten feststellbar. Am rechten Zungenrand fand sich ein 7 × 3 mm großes Ulkus mit glattem Grund, induriertem Rand und fleckig geröteter Umgebung (Abb. A). Die Biopsie ergab ein invasives Plattenepithelkarzinom (Abb. B). Eine Biopsie aus der Stelle mit fleckiger Rötung zeigte hyperchromatische und polymorphe Zellen der Basalmembran. Dieser Befund entsprach einer leichten Dysplasie (Abb. C). In der CT ergaben sich keine Hinweise für eine Beteiligung von Halslymphknoten. Nach einer Exzision weit im Gesunden wies die Patientin bei einer Nachuntersuchung ein Jahr später keine Hinweise für ein Rezidiv auf.

figure 2

A: Ulkus am Zungenrand. B: Histologische Darstellung des Plattenepithelkarzinoms (HE-Färbung). C: Leichte Dysplasie in der fleckig geröteten Umgebung.

© N Engl J Med. 2016;374:e32

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Zunge hat sich in den letzten Jahren trotz des medizinischen Fortschritts kaum verändert und liegt bei deprimierenden 50%. Dies liegt wahrscheinlich an der späten Diagnosestellung, da Ulzerationen und Verhärtungen im Bereich der Zunge von den Patienten lange bagatellisiert werden und keinen Anlass zu einem Arztbesuch geben. Der vorliegende Fall belegt den Wert mehrerer Biopsien an verschiedenen, unterschiedlich aussehenden Stellen, da die Ausdehnung des Karzinoms makroskopisch nur schwer festzustellen ist.