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Verkehrslärm erhöht den Stresslevel.

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_ Dass Verkehrslärm krank machen kann, dafür gibt es inzwischen unstrittige wissenschaftliche Belege. So konnte gezeigt werden, dass chronische Lärmbelästigung nicht nur eine Ursache für Schwerhörigkeit und Schlafstörungen ist und zu kognitiven Beeinträchtigungen führt, sondern auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht. „Deshalb wurde der Verkehrslärm kürzlich als zweitgefährlichste umweltbedingte Gesundheitsbedrohung nach der Luftverschmutzung eingestuft“, betonte Dr. Ute Kraus vom Institut für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München.

Lärm-Stress-Modell

Der Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutdruck, koronarer Herzkrankheit und Herzinfarkt lässt sich mit dem Lärm-Stress-Modell beschreiben. „Lärm aktiviert den Sympathikus und führt zu einer vermehrten Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol“, erklärte Kraus. Dies wirke sich ungünstig auf die kardiovaskulären Risikofaktoren inkl. den Kohlenhydratstoffwechsel aus. Genauer gesagt werden sowohl die Insulinsensitivität als auch die Betazellfunktion ungünstig beeinflusst. Aber auch indirekt, nämlich als Folge des gestörten Schlafs ,kommt es zu Störungen im Glukosehaushalt und zu Veränderungen der Appetitregulierung durch erhöhte Ghrelin- und verringerte Leptinwerte.

Im Rahmen einer Studie wurden die Auswirkungen des alltäglichen Lärms auf die Herzfrequenzvariabilität (HRV) der Probanden untersucht. Eine verminderte HRV gilt als Risikofaktor für kardiale Ereignisse bis hin zum akuten Herztod. Dabei zeigte sich, dass eine Lärmexposition mit > 65 dB über sechs Stunden zu einer sofortigen Abnahme der HRV führt im Sinne einer Stressreaktion. Allerdings hatten auch niedrigere Lärmpegel ungünstige Auswirkungen auf die Herzfunktion [1].

Auch ein Zusammenhang mit Diabetes

Doch führt Lärm auch zur Zuckerkrankheit? „Bisher gibt es nur sehr wenige Studien zu diesem Thema“, räumte Kraus ein. Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob Diabetiker besonders suszeptibel gegenüber Lärm seien oder ob der Lärm langfristig zur Manifestation eines Diabetes beitrage.

Eine spanische Studie konnte zeigen, dass akuter Lärm vor allem nachts mit einer erhöhten diabetesbezogenen Sterberate assoziiert ist [2]. Und in einer dänischen Studie bei 57.000 Erwachsenen wurde bei einem Anstieg des Verkehrslärms um 10 dB ein Anstieg des Diabetesrisikos um ca. 10% beobachtet [3]. Die Frage, ob bei den Stress-Wirkungen auch Gen-Umwelt-Interaktionen eine Rolle spielen könnten, könne bisher nicht beantwortet werden, da solche Studien schwierig und langwierig seien, so Kraus.

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