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Prof. Dr. med. Peter Stingl Tropenmedizin (DTMH Lond) Steingaden

_ Die Ebolavirus-Krankheit, auch Ebola Hämorrhagisches Fieber oder einfach Ebola genannt, ist eine Erkrankung des Menschen und anderer Primaten.

Das Ebolavirus gehört zur Familie der Filoviren [1, 2], die schwere hämorrhagische Erkrankungen mit hoher Letalität verursachen. Der aktuelle Ausbruch in Westafrika wird vom Ebolavirus Typ Zaire verursacht. Hauptreservoir des Virus sind Flughunde [3]. Die Bezeichnung Ebola geht auf den Ort seiner Erstbeschreibung (1976), einen Nebenfluss des Kongorivers namens Ebola zurück [4].

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Die Weltgemeinschaft ist gefordert.

© Riccardo Lennart Niels Mayer / borgogniels / iStock

Durch die hohe Letalität beim infizierten Menschen ist eine langfristige Arterhaltung des Ebolavirus gefährdet. Dagegen hat es die Fähigkeit entwickelt, in tierischen Reservoiren wie Fledertieren zu persistieren, ohne diese zu schädigen.

Infektionsweg

Das Virus gelangt via Respirationstrakt, Konjunktiven, Magendarm-, Urogenital- und Analschleimhäute bzw. über verletzte Haut in den menschlichen Organismus. Die Viren finden sich dann in den Zellen der Schleimhäute und des Immunsystems, der Lunge, Leber, Niere und des Darms. Die Zellschädigung erfolgt durch Einschränkung der zellspezifischen Syntheseleistungen [5].

Die Virusübertragung auf den Menschen erfolgt durch kontaminierte Lebensmittel wie Wildfleisch (bushmeat) bzw. durch von tierischen Virusträgern angenagte Früchte oder via Ausscheidungen infizierter Menschen. Die Virusübertragung erfolgt vorwiegend zwischen Familienmitgliedern und zwischen Patient und Gesundheitspersonal [6, 7].

Bisherige Epidemien weisen auf eine symptomlose Inkubationszeit von 2–21 Tagen hin. Mit Symptombeginn bis zum Versiegen aller Krankheitszeichen (und wahrscheinlich etwas darüber hinaus) besteht hohe Kontaginosität.

Diagnostik und Symptome

Als einzige sichere Diagnostikmethode gilt der Nachweis der Ebolavirus-RNA mittels Reverse-Transkriptase-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR). Dieses Verfahren stand vor Eintreffen der internationalen Hilfe in den Epidemieländern nicht zur Verfügung.

Initial stellt sich Ebola mit unspezifischer Symptomatik dar: Fieber, Schwäche, Kopf- und Gliederschmerz, Übelkeit, Erbrechen, trockener Husten, Atemnot, Schluckstörung und Bindehautentzündung. Ein „vascular leakage syndrome“ zeigt den Krankheitsgipfel zwischen dem 9. und 14. Krankheitstag an [1]. Ein Fünftel der Fälle entwickelt eine hämorrhagische Diathese durch Thrombopenie und Schädigung des Gerinnungssystems. Wässrige Diarrhöen mit bis zu 8,5 Litern pro Tag werden beobachtet. Eine Störung der Leber- und Nierenfunktion, Blutungen in Magen, Darm und Lunge kündigen das Terminalstadium an. Der Tod tritt durch Multiorganversagen ein [4, 8, 9].

Bislang gibt es weder eine Kausaltherapie noch Impfstoffe. Bleibt nur die symptomatische und palliative Behandlung. In Afrika sterben 60–80% der Infizierten. Dagegen überlebten von den in Europa und USA Behandelten zwei Drittel.

Der Ebolaausbruch in Westafrika

Epidemieschwerpunkt sind Guinea, Sierra Leone und Liberia. Der Ausbruch ist der bisher größte und folgenschwerste seit der Entdeckung des Virus. Bislang sind fast 27.000 Infizierte registriert, ca. 11.000 starben, darunter 500 Mitarbeiter der Gesundheitsdienste. Ebola wurde auch in Senegal, Mali und Nigeria eingeschleppt. Einzelfälle erreichten Europa und die USA.

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Das fadenförmige Ebolavirus gehört zur Familie der Filoviren (filum = Faden).

© Henrik5000 / iStock

Die Epidemie in Westafrika machte zudem Tausende zu Opfern anderer Krankheiten, weil Ebola die Gesundheitsdienste lahm legte und das staatliche Gesundheitsbudget völlig aufbrauchte. Infolgedessen gehen die Impfraten dramatisch zurück, die Malariabekämpfung stockt, die Betreuung werdender Mütter und Säuglinge bleibt aus.

Die Geschichte der Epidemie beginnt in Guinea. Als Indexpatient gilt der zweijährige Emile Quamonuo im Dorf Meliandou. Er infizierte sich im Dezember 2013. Wahrscheinlich war es der Kontakt mit einer von infizierten Flughunden angenagten Frucht oder die Berührung von infiziertem Wildfleisch. Am 28. 12. 2013 stirbt Emile. Angesteckte tragen das Virus ins Land. Die Seuche nimmt ihren Lauf.

Die folgende rasante Ausbreitung ist für Kenner der Epidemieländer keine Überraschung. Die große Armut, das Misstrauen der Bevölkerung in die maroden staatlichen Gesundheitsstrukturen, Aberglaube, korrupte Staatlichkeit und fehlendes internationales Interesse haben den Boden für die Katastrophe bereitet. Dazu kamen Errungenschaften der Moderne wie Fernstraßen, die die Mobilität der Bevölkerung und des Virus fördern.

Die Infektionsraten stiegen bis September 2014 exponenziell, die Zahl der Neuinfektionen verdoppelte sich alle 15–30 Tage [8]. Alte Traditionen, wie Beerdigungsrituale mit engem Körperkontakt zum Leichnam, wirkten sich verhängnisvoll aus. Das zögerliche Einschreiten der WHO erlaubte über Monate eine fast unkontrollierte Seuchenausbreitung und kostete Tausenden das Leben.

Erst als Bedrohungsszenarien für unsere eigenen Länder konstruiert wurden, rollte in letzter Minute internationale Hilfe an. Seit Mitte 2014 greift das Engagement des Westens. Isolations- und Behandlungszentren wurden installiert, Personal rekrutiert und bevölkerungsweite Aufklärung gestartet. Deutschland ist mit einer Luftbrücke zwischen Senegal und Liberia beteiligt und stellt den Rücktransport erkrankter Helfer sicher.

Therapie

Die Therapie in den Behandlungszentren konzentriert sich auf Volumen-Elektrolytsubstitution, Schmerzbekämpfung, Antibiose gegen Sekundärinfektionen sowie Bluttransfusionen bei hämorrhagischer Diathese. Zudem wird von Forschern und WHO vorgeschlagen, bislang wenig erprobte Verfahren zu prüfen: die passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern gegen das Virusoberflächen-Glykoprotein (ZMAPP) [8], die Infusion von Rekonvaleszentenseren, die Gabe von Virustatika wie Favipiravir sowie von Antiarrhythmika wie Amiodaron und Verapamil (Viruseintritt-Inhibition) [10]. Vielversprechend ist ein aktiver Impfstoff, basierend auf dem rekombinierten vesikulären Stomatitis-Virus [8].

Bis jetzt erwies sich das Modell der klassischen Seuchenbekämpfung, Isolation, Aufklärung und Verdachtsfallüberwachung, als wirksamste Waffe gegen Ebola. Seit Januar 2015 geht die Zahl der Neuinfektionen und der Sterberaten kontinuierlich zurück. Sierra Leone und Guinea haben nur noch sehr wenige neue Fälle zu beklagen. Liberia, von der WHO seit dem 9. 5. 2015 offiziell als Ebola-frei erklärt, meldete am 9. 7. 2015 allerdings fünf neue Fälle, von denen zwei auf den Kontakt mit einem Ende Juni an Ebola verstorbenen Jungen zurückzuführen sind. Nun müssen alle Maßnahmen weitergehen, bis über Monate kein einziger neuer Fall mehr auftritt. Auch danach wird man die völlig daniederliegende Krisenregion nicht alleine lassen können. Ohne nachhaltige Entwicklung werden die betroffenen Länder bald weiteren Krankheitskatastrophen ausgeliefert sein. Der Wiederaufbau eines Gesundheitssystems und die posttraumatische Behandlung der Überlebenden werden eine weitere Mammutaufgabe darstellen. Ebola ist ein Weckruf für ein Umsteuern unseres Verhältnisses zur Armut in Afrika.