Wenn bei bisher unbehandelten HIV-Patienten eine antiretrovirale Therapie notwendig wird, erhalten sie meist eine Dreifachtherapie aus zwei nukleosidalen Reverse-Transkriptase-Hemmern (NRTI) und einem dritten Wirkstoff aus einer anderen Substanzklasse. Das könnte sich künftig ändern: Denn die duale Therapie mit dem geboosterten Proteasehemmer Lopinavir/r (LPV/r, Kaletra®) und dem Integrasehemmer Raltegravir war in der PROGRESS-Studie ähnlich gut wirksam wie eine klassische Dreifachtherapie. Diese bestand aus LPV/r und den beiden NRTI Tenofovir (TDF) und Emtricitabin (FTC). An der Studie hatten 206 therapienaive HIV-Patienten teilgenommen.

Vergleichbare Wirksamkeit

Nach 96 Wochen hatten in beiden Gruppen ähnlich viele Patienten eine Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze (weniger als 40 RNA-Kopien/ml) erreicht (66,3% bzw. 68,6%, p = 0,767) [1]. Das immunologische Ansprechen war ebenfalls vergleichbar: Unter der dualen Therapie kam es zu einem Anstieg der CD4-T-Zellen um 281/μl und unter der Dreifachtherapie um 296,4/μl (p = 0,598).

Weitere Analysen ergaben, dass auch Patienten mit hoher initialen Viruslast (≥ 100 000 RNA-Kopien) von der dualen Therapie ähnlich gut profitierten wie von der Standard-Dreifachtherapie. Auch bezüglich des virologischen Ansprechens bei Patienten mit einer VL ≥ 100 000 RNA-Kopien zeigten sich zwischen der dualen und der Tripeltherapie keine signifikanten Unterschiede (66,7% vs. 68,4%, p > 0,999) [2].

NRTI-bedingte Nebenwirkungen vermeiden

Ein wesentlicher Vorteil der dualen Therapie mit LPV/r und Raltegravir könnte sein, dass sie den Verzicht auf NRTI ermöglicht. Damit könnten Nebenwirkungen wie eine verringerte Knochendichte, renale Toxizitäten und Lipoatrophie, die bei einem langfristigen Einsatz von NRTI von Bedeutung sind, vermieden werden. Angesichts der heutzutage langen Lebenserwartung von HIV-Patienten ist dies ein entscheidender Aspekt. Außerdem bliebe die NRTI-Klasse als eine weitere Therapieoption für einen späteren Zeitpunkt erhalten.

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