Die kontinuierliche subkutane L-Dopa-Infusion ist einer oralen Therapie bei Parkinsonpatienten mit motorischen Fluktuationen überlegen: In einer Phase-III-Studie war die On-Zeit ohne beeinträchtigende Dyskinesien täglich um 1,7 Stunden länger.

L-Dopa ist noch immer die wirksamste Therapie gegen motorische Symptome von Parkinsonkranken, verursacht oral appliziert in fortgeschrittenen Krankheitsstadien aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit aber motorische Komplikationen mit Off-Phasen bei niedrigen und Dyskinesien bei hohen Wirkstoffspiegeln. Daher wäre eine kontinuierliche L-Dopa-Applikation ein besserer Ansatz. Möglich ist diese bereits per Magensonde, weniger invasiv gelingt dies auch per subkutaner Infusion. Das legen die Ergebnisse einer Phase-III-Studie nahe, die auf dem Kongress der US-amerikanischen Neurologengesellschaft AAN in Boston präsentiert wurden: Mit der subkutanen Infusion wurde die "gute On-Zeit", also die Zeit guter Beweglichkeit ohne behindernde Dyskinesien, im Vergleich zu einer optimierten oralen Behandlung mit L-Dopa/Carbidopa um 1,7 Stunden verlängert, ohne dass es dabei wesentlich häufiger zu ernsten Nebenwirkungen kam.

An der Studie BouNDless haben 259 an Parkinson Erkrankte im mittleren Alter von 64 Jahren teilgenommen. Die Diagnose Parkinson lag im Schnitt knapp zehn Jahre zurück, motorische Fluktuationen waren seit etwa fünf Jahren ein Problem. Zu Beginn hatten die Erkrankten über täglich neuneinhalb Stunden hinweg gute On-Phasen und etwa sechs Stunden Off-Zeiten, erläuterte Prof. Dr. Alberto Espay vom Center for Parkinson's Disease and Movement Disorders an der Universität in Cincinnati, USA.

Besserer Gesamteindruck

Bei allen Teilnehmenden wurde zunächst in einer offenen Phase die orale L-Dopa-Therapie über vier bis sechs Wochen hinweg optimiert, anschließend erhielten alle das subkutane L-Dopa-Präparat ND0612, ebenfalls offen für vier bis sechs Wochen, um die Dosis individuell optimal einzustellen (Abb. 1). Dies sei für einen fairen Vergleich nötig gewesen, erklärte Espay. Auf die offenen Phasen folgte eine randomisierte zwölfwöchige doppelt verblindete Phase: Etwa die Hälfte bekam weiterhin ND0612 plus Placebotabletten, die Kontrollgruppe erhielt die optimierte orale Therapie plus Placeboinfusionen. Primärer Endpunkt war die Dauer der guten On-Zeit.

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On-Zeit ohne beeinträchtigende Dyskinesien unter der subkutanen L-Dopa-Infusion (ND0612) gegenüber der oralen Behandlung mit L-Dopa/Carbidopa (nach Vortrag von Alberto Espay, AAN 2023)

In der Optimierungsphase nahm die gute On-Zeit in beiden Gruppen um rund zweieinhalb Stunden zu, primär in der zweiten Phase mit ND0612 (Abb. 1). Die On-Zeit blieb in der kontrollierten Phase bei denjenigen fast konstant, die weiter mit ND0612 behandelt wurden - hier nahm sie über zwölf Wochen hinweg nur um rund eine halbe Stunde ab, was auf einen gewissen Placeboeffekt in der Optimierungsphase deutet. Parkinsonpatienten, die nach der Optimierung mit ND0612 in der kontrollierten Phase auf den oralen Wirkstoff umgestellt wurden, verloren jedoch wieder an guter On-Zeit und näherten sich dem Basiswert von neuneinhalb Stunden. Nach zwölf Wochen doppelt verblindeter Therapie war die gute On-Zeit in der Gruppe mit ND0612 um 1,7 Stunden länger als in der Kontrollgruppe - ein signifikanter Unterschied.

Komplementär dazu verlängerte sich die Off-Zeit in der Gruppe mit ND0612 um eine halbe Stunde, mit oralem L-Dopa um 1,9 Stunden. Der UPDRS-Score zu Alltagsfähigkeiten verbesserte sich mit der neuen Formulierung leicht und verschlechterte sich deutlich unter der oralen Therapie. Sowohl Patienten als auch Ärzte bewerteten den Gesamteindruck nach zwölf Wochen unter ND0612 signifikant besser als mit der konventionellen Behandlung.

In beiden Gruppen brachen rund 6 % die Behandlung vorzeitig ab, mit oraler Behandlung entwickelten 53 % therapiebezogene Nebenwirkungen, mit ND0612 waren es 67 %. Vor allem Infusionsreaktionen traten mit dem neuen Präparat etwas häufiger auf, diese waren aber überwiegend mild. 5,5 % der unerwünschten Wirkungen unter ND0612 wurden als ernsthaft eingestuft, unter der oralen Therapie waren es 3,8 %, berichtete Espay.

Entwickelt wird ND0612 vom Unternehmen NeuroDerm, einer Tochter von Mitsubishi Tanabe Pharma. Die Zulassung soll noch in diesem Jahr sowohl in den USA als auch in Europa beantragt werden.

American Academy of Neurology (AAN) Annual Meeting. Boston, USA, April 22-27.4.2023. Session ES1, Emerging Science, 002: "Efficacy and Safety of Continuous Subcutaneous ND0612 Infusion Compared with Oral Immediate-release Levodopa-Carbidopa in Patients with Parkinson's Disease and Motor Fluctuations"