Fragestellung: Ist Tranexamsäure, ein Antifibrinolytikum, bei intrazerebralen Blutungen unter der Einnahme von Thrombozytenfunktionshemmern wirksam?

Hintergrund: Etwa ein Viertel aller nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen treten unter einer Einnahme von Thrombozytenfunktionshemmern auf. In diesem Fall sind die initialen Blutungen größer und das Risiko eines Hämatomwachstums erhöht. Thrombozytentransfusionen zeigten keine Wirksamkeit, sondern verschlechterten die Prognose [1]. Tranexamsäure ist ein Antifibrinolytikum, das bei schwerwiegen Blutungen eingesetzt wird. In der TICH-2-Studie, die Tranexamsäure im Vergleich zu Placebo bei nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen untersuchte, ergab sich kein therapeutischer Effekt auf das funktionelle Outcome oder die Sterblichkeit, aber eine Wirkung auf die Größenzunahme der initialen Blutung [2]. Ob dies auch für intrazerebrale Blutungen unter Thrombozytenfunktionshemmern gilt, sollte diese explorative Analyse untersuchen.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine explorative Analyse der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten TICH-2-Studie, welche die Wirksamkeit von Tranexamsäure bei Patienten mit spontaner intrazerebraler Blutung innerhalb von acht Stunden nach dem Auftreten untersuchte [2]. Es wurden eine multivariable logistische Regression und eine ordinale Regression durchgeführt, um die Beziehung zwischen einer vorherigen Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern und der Hämatomausdehnung nach 24 Stunden mit oder ohne Tranexamsäure zu untersuchen. Außerdem wurde das funktionelle Outcome mit der modifizierten Rankin-Skala (mRS) am Tag 90 sowie die Wirkung von Tranexamsäure auf die Sterblichkeit berechnet.

Ergebnisse: Von den 2.325 Patienten in der Gesamtstudie hatten 611 (26,3 %) vor der intrazerebralen Blutung eine Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern erhalten. Diese Patienten waren älter (Durchschnittsalter 75,7 vs. 66,5 Jahre), hatten häufiger eine ischämische Herzerkrankung (25,4 % vs. 2,7 %), einen ischämischen Schlaganfall in der Vorgeschichte (36,2 % vs. 6,3 %), eine intraventrikuläre Blutung (40,2 % vs. 27,5 %) und ein größeres Ausgangsvolumen des Hämatoms (durchschnittlich 28,1 ml vs. gegenüber 22,6 ml). In dieser Gruppe bestand ein signifikant erhöhtes Risiko eines Hämatomwachstums (Odds Ratio [OR] 1,28; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,01-1,63), einer Verschiebung zu einem ungünstigen Ergebnis auf der mRS (OR 1,58; 95 %-KI 1,32-1,91) und einer höheren Sterblichkeit am Tag 90 (OR 1,63; 95 %-KI 1,25-2,11). Tranexamsäure verringerte das Risiko einer Hämatomausdehnung bei allen Patienten mit intrazerebraler Blutung (OR 0,76; 95 %-KI 0,62-0,93) und in der Untergruppe mit Thrombozytenaggregationshemmern (OR 0,61; 95 %-KI 0,41-0,91) ohne signifikante Wechselwirkung zwischen der vorherigen Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern und Tranexamsäure (p-Wert für Interaktion 0,248).

Schlussfolgerungen: Eine vorbestehende Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern war bei intrazerebralen Blutungen mit einer häufigeren Größenzunahme des Hämatoms und einem ungünstigen funktionellen Ergebnis verbunden. Tranexamsäure reduzierte die Hämatomausdehnung unabhängig von einer vorherigen Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern, hatte aber keinen Einfluss auf das funktionelle Outcome und die Mortalität.

Law ZK, Desborough M, Roberts I et al. Outcomes in antiplatelet-associated intracerebral hemorrhage in the TICH-2 randomized controlled trial. J Am Heart Assoc. 2021; 10: e019130