Fragestellung: Die kontinuierliche antipsychotische Behandlung wird in vielen Leitlinien zur Verhinderung eines Rezidivs einer Schizophrenie empfohlen. Weniger Evidenz ist verfügbar zu der Frage, wie sich die Fortsetzung der antipsychotischen Therapie, die Umstellung auf eine andere Substanz, die Dosisreduktion oder das Absetzen in Bezug auf die Rückfallraten unterscheiden.

Hintergrund: Antipsychotika sind gemeinsam mit der kognitiven Verhaltenstherapie die wesentliche Behandlungsstrategie der Schizophrenie. Dies gilt insbesondere für die Rezidivprophylaxe mit Antipsychotika. Im Langzeitverlauf der Behandlung treten aufgrund der hohen Effektivität häufig Nebenwirkungen auf, sodass sich in der Praxis die Frage nach Umstellen der Medikation, Dosisreduktion oder sogar Absetzen stellt. Bisherige Analysen fokussierten dabei auf Nebenwirkungen. Eine Netzwerkmetaanalyse war bisher zu dieser Fragestellung nicht verfügbar. Die vorliegende Arbeit untersucht erstmals vergleichend die vier genannten Strategien.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine systematische Übersichtsarbeit und Netzwerkmetaanalyse von kontrollierten Studien in denen Antipsychotika mit Placebo mit mindestens zwei dieser Strategien verglichen worden sind. Die Studien mussten mindestens 25 teilnehmende Patienten und ein Follow-up von mindestens sechs Wochen gehabt haben. Eingeschlossen wurden nur Studien von volljährigen Menschen mit einer Schizophrenie oder Schizophrenie-Spektrum-Erkrankung. Ausgeschlossen wurden Studien an Menschen mit einer Behandlungsresistenz, da dort von keiner klinischen Stabilität bei Randomisierung ausgegangen werden kann.

Der primäre Endpunkt dieser Analyse war das Rezidiv gemäß der verwendeten Definition in der jeweiligen Studie. In Studien, in denen dieser Endpunkt so nicht berichtet wurde, wurde der Endpunkt eines Rezidivs anhand etablierter Cut-offs von validierten Skalen imputiert. Verschiedene sekundäre Endpunkte wie Nebenwirkungen oder Hospitalisierungen wurden untersucht.

Ergebnisse: Insgesamt wurden in den durchsuchten Datenbanken 98 Studien mit 13.988 Patienten identifiziert. Die Studien hatten im Mittel 148,5 teilnehmende Patienten mit einem mittleren Alter von 38,8 Jahren (38 % Frauen). Alle Strategien waren effektiver als Absetzen der Medikation. Zwischen der Fortsetzung und der Strategie des Umstellens gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied, aber beide Strategien waren der Dosisreduktion überlegen. Ein möglicher Verzerrungsfaktor von industriegesponserten Studien für die Fortsetzungsstrategien wurde diskutiert. Die sekundären Endpunkte folgten den Ergebnissen des primären Endpunkts. Die Fortsetzung führten zu der höchsten Lebensqualität. Relevante Unterschiede in Bezug auf die Verträglichkeit fanden sich nicht.

Schlussfolgerungen: Die Fortsetzung der antipsychotischen Medikation und das Wechseln auf ein anderes Präparat waren vergleichbar effektiv. Die Dosisreduktion führte im Vergleich zu diesen Strategien zu mehr Rezidiven. Die meisten Rezidive traten bei Absetzen auf.

Ostuzzi G, Vita G, Bertolini F et al. Continuing, reducing, switching, or stopping antipsychotics in individuals with schizophrenia-spectrum disorders who are clinically stable: a systematic review and network meta-analysis. Lancet Psychiatry 2022; 9: 614-24