Spricht eine Migräne auf die Prophylaxe mit einem gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) oder dessen Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörper an, dann ist nach sechs bis neun Monaten ein Auslassversuch angezeigt. Häufig kommt es aber dann zu einem behandlungsbedürftigen Wiederanstieg der Migränetage.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat ihre S1-Leitlinie "Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne" [1] in 2019 um ein Kapitel zur Migräneprophylaxe mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor ergänzt [2]. Die Antikörperbehandlung soll demnach zunächst für drei Monate erfolgen. Wenn kein befriedigender Therapieeffekt besteht, solle man die Behandlung beenden. Bei Ansprechen auf die Behandlung wird in Übereinstimmung mit internationalen Leitlinien empfohlen, nach sechs bis neun Monaten einen Auslassversuch vorzunehmen, um die Notwendigkeit der Therapie zu überprüfen [2].

So viele Migränetage wie vor Therapiebeginn

Bislang unzureichend untersucht ist laut Professor Christian Maihöfner, Neurologie, Klinikum Fürth, wie sich ein Absetzen der Medikation auf die Erkrankung auswirkt. Eine longitudinale Kohortenstudie mit 62 Migränebetroffenen [3] habe nun gezeigt, dass das Absetzen der Antikörper relativ häufig mit einem Wiederanstieg der Migränetage assoziiert sei. In dem Monat vor dem Absetzen lag die durchschnittliche Zahl der monatlichen Migränetage bei 8,2 ± 6,6, in den Wochen 5-8 nach dem Absetzen bei 10,3 ± 6,8 (p=0,001) und in den Wochen 13-16 bei 12,5 ± 6,6 (p=0,001). In den Wochen 13-16 zeigte die Zahl der Migränetage keinen signifikanten Unterschied mehr zur Situation vor Beginn der Prophylaxe. Eine ähnliche Entwicklung nahm die Zahl der Tage mit Akutmedikation (Abb. 1) [3].

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Zahl monatlicher Migränetage und Zahl der Tage mit Akutmedikation nach Absetzen eines CGRP- oder CGRP-Rezeptor-Antikörpers (mod. nach [1])

Bei Anstieg der Migränetage sofort reagieren

Maihöfner rät, das Absetzen mit der betroffenen Person sorgfältig zu diskutieren und gegebenenfalls sofort therapeutisch einzugreifen, falls es nach dem Absetzen zu einem deutlichen Anstieg der Kopfschmerzfrequenz kommen sollte. Die genaue Dokumentation in einem Kopfschmerzkalender sei ratsam. Laut Leitlinien ist die Wirksamkeit folgender etablierter Prophylaktika am besten belegt: Metoprolol, Propanolol, Flunarizin, Topiramat, Valproinsäure und Amitriptylin [1]. Hinweisen aus früheren Studien zufolge könnte der prophylaktische Effekt nach Absetzen von Flunarizin, Betablockern oder Topiramat möglicherweise länger anhalten als nach Absetzen der Antikörper [4, 5, 6]. Das bedürfte jedoch der Überprüfung in kontrollierten Head-to-Head-Vergleichsstudien. Die medikamentöse Therapie soll laut Leitlinien grundsätzlich durch nicht medikamentöse Verfahren der Verhaltenstherapie, etwa Entspannungsverfahren, ergänzt werden [1].

14. Neurologie-Update-Seminar, 4.-5.3.2022, online