Die Wirksamkeit der gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) oder dessen Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörper in der Migräneprophylaxe ist Placebo überlegen. Wie steht es aber mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit im Vergleich zu länger etablierten Prophylaktika?

Drei subkutan injizierbare monoklonale Antikörper stehen mittlerweile für die Migräneprophylaxe zur Verfügung, nämlich Galcanezumab und Fremanezumab, die gegen CGRP gerichtet sind, sowie Erenumab, das am CGRP-Rezeptor angreift. Professor Christian Maihöfner, Neurologie, Klinikum Fürth, zufolge ist die Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Medikamente zwar gut durch randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) belegt, als Komparator diente dabei jedoch ausschließlich Placebo. Eine vergleichende Bewertung der neuen Substanzen mit etablierten Prophylaktika war mangels Head-to-Head-Vergleichsstudien bislang kaum möglich. Auch die kürzlich veröffentlichte systematische Metaanalyse von RCT zu den Antikörpern, Topiramat, Propanolol und Onabotulinumtoxin ändert das nicht grundlegend, unter anderem wegen der fraglichen Vergleichbarkeit der zugrunde gelegten Studien. Die Number needed to treat (NNT) für eine mindestens 50%ige Reduktion der Zahl der Migränetage lag dieser Metaanalyse zufolge in den RCT zu den Antikörpern einschließlich dem noch nicht zugelassenen, i.v. zu applizierenden CGRP-Antikörper Eptinezumab, bei 6,2 für episodische und bei 6,6 für chronische Migräne. Bei episodischer Migräne erzielte Topiramat eine NNT von 8, Propanolol von 5. Bei chronischer Migräne lag die NNT für Topiramat bei 8,5 und für Onabotulinumtoxin A bei 9.

Wirksam und deutlich besser verträglich?

In der genannten Metaanalyse wurde zudem die Number needed to harm (NNH) berechnet, in dem Fall definiert als Zahl der Erkrankten, die mit dem entsprechenden Medikament behandelt werden müssen, um eine zum Behandlungsabbruch führende Nebenwirkung zu induzieren. Durch Division von NNT/NNH wurde dann die Likelihood to help versus harm (LHH) ermittelt, also die Wahrscheinlichkeit, eher zu nutzen als zu schaden. Die LHH war sowohl bei episodischer als auch bei chronischer Migräne unter den Antikörpern deutlich höher als unter den anderen Prophylaktika [1]. Das spreche, so Maihöfner, für eine deutlich bessere Verträglichkeit der Antikörper-basierten im Vergleich zu den anderen Medikamenten.

Erste Head-to-Head-Vergleichsstudie veröffentlicht

Nun scheint eine erste Head-to-Head-Vergleichsstudie, die doppelblind und im Double-Dummy-Design an 82 Zentren in Deutschland durchgeführte RCT HER-MES, die Ergebnisse der genannten Metaanalyse für den Vergleich Erenumab vs. Topiramat in der Prophylaxe episodischer Migräne über einen 24-wöchigen Behandlungszeitraum zu bestätigen. Rund 11 % der Erenumab-Gruppe und 39 % der Topiramat-Gruppe brachen die Behandlung mit der Studienmedikation wegen Nebenwirkungen ab (Abb. 1). Die Zahl der monatlichen Migränetage ging unter Erenumab um 55 % zurück, unter Topiramat um 31 % (Odds-Ratio 2,76; 95%-KI: 2,06-3,71; p < 0,001). Aus der Studie wurden keine neuen Signale hinsichtlich der Sicherheit der verwendeten Behandlung berichtet [2].

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Nebenwirkungsbedingte Therapieabbrüche unter Erenumab vs. Topiramat (mod. nach [2])

14. Neurologie-Update-Seminar, 4.-5.3.2022, online