Fragestellung: Genomweite Untersuchung der genetischen Basis des Clusterkopfschmerzes.

Hintergrund: Zwillings- und Familienstudien haben auf eine genetische Komponente des Clusterkopfschmerzes hingewiesen. Hypothesenbasierte Untersuchungen hatten sich bevorzugt auf Polymorphismen im HCTR2-Gen (kodierend für den Hypocretin-Typ-2-Rezeptor) konzentriert, jedoch ohne Replikation positiver Signale.

Patienten und Methodik: Ausgangspunkt der im Kontext des International Consortium for Cluster Headache Genetics (CCG) durchgeführten Arbeit war ein von der Universität Leiden rekrutiertes niederländisches Kollektiv (n = 840; 68,9 % Männer, 68,7 % episodischer Clusterkopfschmerz) und ein populationsbasiertes Kontrollkollektiv, welches in der "Discovery Stage" einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) unterworfen wurde. Zur Replikation wurden ein norwegisches Kollektiv mit Clusterkopfschmerz (n = 144) und ein 1.800 Individuen umfassendes Kontrollkollektiv aus der norwegischen HUNT-Studie verwendet.

Ergebnisse: Die initiale niederländische Analyse lieferte insgesamt vier Risiko-Loci mit genomweiter Signifikanz: rs11579212 (Odds-Ratio [OR] 1,51) auf Chromosom 1, rs6541998 (OR 1,53) auf Chromosom 2, rs10184573 (OR 1,43) auf Chromosom 2, und rs2499799 (OR 0,62) auf Chromosom 6. Mit Ausnahme von rs6541998 konnten alle gefundenen Loci erfolgreich im norwegischen Kollektiv repliziert werden. Alle in früheren kleineren Studien berichteten Assoziationen (inkl. der HCRT2-Befunde) konnten nicht repliziert werden. Eine Ausnahme war ein Polymorphismus im ADH4-Gen, allerdings ohne genomweite Signifikanz und mit entgegengesetzter Richtung der Assoziation im Vergleich zu den Vorbefunden.

Parallel zu der hier im Detail vorgestellten Arbeit wurde in Annals of Neurology eine zweite GWAS zu Clusterkopfschmerz, ebenfalls aus dem CCG, publiziert (O'Connor et al.). Diese untersuchte 852 Fälle und 5.614 Kontrollen aus Großbritannien beziehungsweise 591 Fälle und 1.134 Kontrollen aus Schweden. Zunächst wurden die Daten unabhängig voneinander ausgewertet. Eine Analyse im kombinierten Datensatz lieferte vier genomweit signifikante Loci, welche den oben genannten entsprechen. Durch eine Metaanalyse aller Kollektive aus Harder et al. und O'Connor et al. wurden drei zusätzliche Loci mit genomweiter Signifikanz gefunden.

Schlussfolgerung: Die Daten geben erstmalig einen belastbaren Einblick in die genetische Architektur des Clusterkopfschmerzes.

Harder AVE, Winsvold BS, Noordam R et al. Genetic susceptibility loci in genomewide association study of cluster headache. Ann Neurol 2021;90:203-16

O'Connor E, Fourier C, Ran C et al. Genome-wide association study identifies risk loci for cluster headache. Ann Neurol 2021;90:193-202