Was haben sie gemeinsam, was unterscheidet sie? Wie häufig kommen sie gemeinsam vor, und begünstigen sie sich gegenseitig? Ein Überblick über die wichtigsten Fakten zu zwei häufigen neurologischen Erkrankungen.

Es gibt einige Gemeinsamkeiten zwischen Epilepsie und Migräne. PD Dr. Elisabeth Kaufmann, Neurologie, Universität München, zählt auf: Wiederkehrende Attacken, ähnliche Trigger, Aura, familiäre Häufung und Teilüberschneidungen bei den wirksamen Therapien (Abb. 1).

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Wirksame Therapien bei Epilepsie und Migräne; (mod. nach Kaufmann E, Vortrag Epilepsie und Migräne, 94. DGN-Kongress 2021

Gemeinsame genetische Risikofaktoren

Epilepsie und Migräne kommen auch oft zusammen vor, und zwar laut Kaufmann häufiger als sich aus den reinen Prävalenzen der einzelnen Erkrankungen - 0,5 bis 1 % für die Epilepsie und 12 % für die Migräne - rein rechnerisch ergeben würde. Liege eine der beiden Erkrankungen vor, dann sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit der jeweils anderen einhergeht, mehr als doppelt so hoch wie das Erkrankungsrisiko in der Gesamtbevölkerung. Ob diesem erhöhten Risiko ein kausaler Zusammenhang zugrunde liegt, ist Kaufmann zufolge unklar. Vieles spreche dafür, dass eher gemeinsame Risikofaktoren zum tragen kämen. Mittlerweile habe man Varianten auf sechs Genloki identifiziert, die das Risiko für beide Erkrankungen erhöhen [Shu Y et al. Ann Palliat Med 2020;9:2642-53]. Auch in der Pathophysiologie beider Erkrankungen gebe es Parallelen, beispielsweise die neuronale Hyperexzitabilität als Ausgangpunkt einer dann allerdings jeweils unterschiedlichen Kaskade pathophysiologischer Mechanismen. Bei Letzteren sei noch weitgehend unklar, inwiefern sich diese bei Menschen, die Migräne und Epilepsie haben, gegenseitig beeinflussen [Bauer PR et al. Nat Rev Neurol 2021;17: 529-44].

Unterschiede helfen bei der Abgrenzung

Dass sich die beiden Erkrankungen auch in vielen Aspekten unterscheiden, hilft Kaufmann zufolge bei deren differenzialdiagnostischer Abgrenzung. Zu den markanten Unterschieden zähle beispielsweise die typische Anfallsdauer und der Charakter der Aura. Eine Epilepsieaura hat intraindividuell einen stereotypen Ablauf und ist jedoch, was das Erscheinungsbild der Aura angeht, interindividuell höchst divers. 30 % aller Migränebetroffenen haben Auren, mehr als 90 % davon sind typische visuelle Auren mit Flimmerskotomen, Zickzacklinien oder blendenden Kreisen beziehungsweise Vierecken.

Sollten weiter Zweifel bestehen und die Diagnose nicht einfach auf Basis anamnestischer und klinischer Faktoren möglich sein, dann rät die Expertin zu einem EEG-Videomonitoring.

Kaufmann E. "Epilepsie und Migräne", Vortrag im Rahmen der Sitzung "Epileptologie: von der Klinik in die Forschung und zurück", 6.11.2021, 94. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, virtuell auf www.dgnvirtualmeeting.org