Valproat zählt zu den oralen Medikamenten, deren Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe bestens belegt ist. Zwei Metaanalysen gingen nun der Frage nach, ob sich intravenös appliziertes Valproat für die Attackenbehandlung eignet. Die Studien unterscheiden sich erheblich in ihrer methodischen Qualität und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Anna Jankowska und Mitforschende von der Universität Warschau, Polen, publizierten in einem Abstract auf dem diesjährigen Online-Kongress der European Academy of Neurology (EAN) eine Metaanalyse auf der Grundlage von vier randomisiert kontrollierten Studien (RCT) zur Wirksamkeit von Valproat i.v. im Vergleich zu verschiedenenen injizierten oder infundierten Komparatoren [1]. Drei der Studien stammten aus dem Iran, eine aus den USA. Insgesamt umfassten die Studien 203 Erwachsene, die wegen einer Migräneattacke behandelt wurden. Die Autorinnen und Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass Valproat i.v. zu einer vergleichbaren Reduktion der Schmerzintensität und zu einer ähnlich hohen Rate an Schmerzfreiheit führte wie die jeweils verwendete Vergleichsmedikation. Eine Reihe methodischer Fragen bleiben in der ausschließlich als Abstract verfügbaren Publikation unbeantwortet. Beispielsweise werden weder Angaben zur methodischen Qualität der ausgewählten RCT gemacht, noch zu den Kriterien, anhand derer diese ausgewählt und andere ausgeschlossen wurden. In zwei der Studien war die Medikation doppelt verblindet, die beiden anderen verwendeten ein offenes Studiendesign [1]. Die mit 330 Migränebetroffenen bislang größte Doppelblindstudie zu dieser Fragestellung wurde nicht berücksichtigt. Sie war zu dem Ergebnis gekommen, dass Natriumvalproat 1.000 mg i.v. einer Behandlung mit Metoclopramid 10 mg i.v. unterlegen ist und ebenso der i.v.-Gabe des in Deutschland nicht mehr verfügbaren NSAR Ketorolac [2].

Bislang keine placebokontrollierten Studien

Eine chinesische Metaanalyse zur selben Fragestellung war bereits im Dezember 2020 erschienen [3]. Sie schloss sieben randomisierte Doppelblindstudien ein, mit 682 Personen, die aufgrund einer akuten Migräneattacke in einer Krankenhausnotaufnahme behandelt worden waren. Offene RCT wurden wegen der bei intravenöser Applikation mutmaßlich sehr hohen Placeboeffekte ausgeschlossen. Placebokontrollierte RCT zu dieser Fragestellung gibt es bislang nicht. Die methodische Qualität der eingeschlossenen Studien laut Jadad-Score (Skala 0-7) lag im Median bei 6 (Bereich 4-7). Valproat war, je nach Studie, in einer Dosierung von 400-1.000 mg i. v. appliziert worden. Als Komparatoren dienten injizierbare Darreichungsformen von Dexamethason 6-8 mg, Metoclopramid 10 mg, Ketorolac 30 mg, Lysinacetylsalicylat 1.000 mg, Sumatriptan 6 mg s. c. und das in Deutschland nicht erhältliche Phenotiazin Prochlorperazin 10 mg [3].

Den Komparatoren unterlegen

Die chinesische Metaanalyse bestätigte, dass Valproat i.v. in der Attackenbehandlung anderen parenteral verabreichten Medikamenten signifikant unterlegen ist. Hinsichtlich der Reduktion der Schmerzintensität betrug die standardisierte Mittelwertdifferenz zu den aktiven Komparatoren -0,39 (95 %-KI: -0,73-0,06; p = 0,02). Auch die Rate derer, die Schmerzfreiheit erreichten, war unter den Komparatoren signifikant höher als unter Valproat i. v. (Odds Ratio: 0,51; 95 %-KI: 0,33-0,77; p = 0,002). Außerdem benötigten die mit Valproat i. v. Behandelten häufiger eine Migräne-Bedarfsmedikation [3].