Fragestellung: Statine können in sehr seltenen Fällen zu Myopathie bis hin zu Rhabdomyolyse führen. Lassen sich Risikofaktoren für eine simvastatininduzierte Myopathie identifizieren?

Hintergrund: Statine werden weltweit in großem Umfang zur Sekundärprävention arteriosklerotischer Erkrankungen wie des ischämischen Schlaganfalls, des akuten Koronarsyndroms, der chronischen koronaren Herzerkrankung und der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eingesetzt. Selten können sie eine Myopathie induzieren, die bis hin zu einer Rhabdomyolyse führen kann. Obwohl echte Myopathien sehr selten sind, ist es wichtig, Risikofaktoren für ein erhöhtes Risiko einer statininduzierten Myopathie voraussagen zu könnten. In Deutschland und in Europa wird am häufigsten Simvastatin verordnet.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine gepoolte Analyse von 58.390 Teilnehmern an drei großen randomisierten Studien zum Einsatz von Simvastatin zur Behandlung erhöhter Cholesterinwerte. Dies waren die Heart Protection Study [1], die SEARCH-Studie [2] und die HPS2-THRIVE-Studie [3]. Im Rahmen dieser Studien waren 171 Fälle einer Myopathie entdeckt worden, die adjudiziert wurden. Myopathie war definiert als Muskelschmerzen oder Paresen, in Assoziation mit erhöhten Serumspiegeln der Kreatinkinase (CK), die das Zehnfache der oberen Normalgrenze überschritten. Aus den identifizierten Prädiktoren für eine Myopathie wurde dann ein Vorhersage-Score entwickelt.

Ergebnisse: Die Studienteilnehmer hatten entweder einen Herzinfarkt oder einen ischämischen Insult erlitten, oder es bestand eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Die Simvastatinexposition umfasste 196.521 Personenjahre und im Schnitt 3,4 Jahre der Behandlung. Unter den 171 Teilnehmern, die eine Myopathie entwickelten, gab es 14 Fälle einer Rhabdomyolyse. Im Mittel vergingen 18 Monate vom Beginn der Simvastatintherapie bis zur Entwicklung einer Myopathie. Die Häufigkeit einer Myopathie betrug 9 auf 10.000 Personenjahre. Prädiktoren für eine Myopathie waren die Simvastatindosis (80 mg versus 20 mg), chinesische Herkunft, weibliches Geschlecht, zunehmendes Alter, Adipositas, ein medikamentös behandelter Diabetes mellitus und die gleichzeitige Einnahme von Niacin-Laropiprant, Verapamil, Betablockern, Diltiazem oder Diuretika. In Kombination konnten diese Risikofaktoren eine mehr als 30-fache Risikodifferenz zwischen niedrigem und hohem Risiko voraussagen.

Viele Patienten klagen unter Statintherapie über unspezifische Muskelbeschwerden ohne CK-Erhöhung. In den hier vorliegenden Studien war dies bei 15.208 Patienten der Fall. Der Myopathie-Risikoscore war bei diesen Patienten nicht erhöht.

Schlussfolgerungen: In einer gepoolten Analyse von 58.390 Individuen, die an randomisierten placebokontrollierten Studien zum Einsatz von Simvastatin bei arteriosklerotischen Erkrankungen teilnahmen, kam es bei 171 Patienten zu einer klinisch und laborchemisch belegten Myopathie. Als wichtige Prädiktoren wurden die Simvastatindosis, weibliches Geschlecht, höheres Alter, Übergewicht, ein medikamentös behandelter Diabetes mellitus und bestimmte Medikamente in der Komedikation identifiziert.

Hopewell JC, Offer A, Haynes R et al. Independent risk factors for simvastatin-related myopathy and relevance to different types of muscle symptom. Eur Heart J 2020; 41: 3336-42