Fragestellung: Wie beeinflusst eine frühzeitige (innerhalb der ersten sechs Wochen) MR-Bildgebung den Krankheits- und Therapieverlauf sowie die Folgebehandlungskosten beim unspezifischen Kreuzschmerz?

Hintergrund: Unspezifische Kreuzschmerzen sind hochprävalent und einer der häufigsten Gründe für Arztbesuche. Ergeben Anamnese und körperliche Untersuchung keinen Verdacht auf gefährliche Ursachen (Red Flags), soll gemäß nationaler wie internationaler Leitlinien in den ersten sechs Wochen keine bildgebende Diagnostik erfolgen. Eine Vielzahl von MRT-Untersuchungen der Wirbelsäule erfolgen jedoch außerhalb dieser Indikation.

Patienten und Methodik: Im Rahmen der retrospektiven Fall-Kontroll-Studie elektronischer Patientenakten wurden 405.695 Patienten analysiert, die sich aufgrund von unspezifischen Kreuzschmerzen in einem hausärztlichen Setting vorstellten. Patienten mit einem frühen MRT wurden mit gematchten Kontrollen (kontrolliert für Alter, demografische Variablen, Krankengeschichte der letzten zwölf Monate und initiale Schmerzintensität) verglichen. Die relevanten Outcomes waren operative Eingriffe an der Wirbelsäule, Opioidverschreibung, Behandlungskosten und die Schmerzintensität im Verlauf.

Ergebnisse: In der Patientengruppe mit früher MRT der Wirbelsäule wurden signifikant mehr Patienten an der Wirbelsäule operiert (1,48 % vs. 0,12 %) und es wurden häufiger Opioide verschrieben (35,1 % vs. 28,6 %). Die Schmerzintensität in dieser Gruppe war im Verlauf höher (3,99 vs. 3,87). Eine frühe Bildgebung war mit deutlich höheren Behandlungskosten (8.082 vs. 5.560 USD assoziiert, alle p < 0,001).

Schlussfolgerungen: Eine frühe, nicht indizierte MR-Bildgebung bei Patienten mit unspezifischen Kreuzschmerzen führt zu einer höheren Rate an Opioidverschreibungen und Wirbelsäulenoperationen sowie zu höheren Behandlungskosten ohne positiven Einfluss auf die Schmerzintensität, die in dieser Gruppe signifikant (aber nicht klinisch relevant) erhöht ist.

Jacobs JC, Jarvik JG, Chou R et al. Observational Study of the downstream consequences of inappropriate MRI of the lumbar spine. J Gen Intern Med 2020; 35: 3605-12