Die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der extrakraniellen Karotisstenose wurde aktualisiert. Einige der wichtigsten neuen Empfehlungen wurden im Rahmen des Neuro Update 2021 präsentiert.

Etwa 10-20 % aller zerebralen Ischämien werden durch Stenosen oder Verschlüsse der extrakraniellen Arteria carotis interna (ACI) verursacht. Ihre optimale Behandlung sei daher von essenzieller Bedeutung, erklärte Prof. Dr. Dirk Sander, Chefarzt am Benedictus Krankenhaus Tutzing, der im weiteren verschiedene Neuerungen der S3-Leitlinie zum Management der extrakraniellen Karotisstenose vorstellte [1]. So soll die periprozedurale Schlaganfallrate/Letalität bei TEA (Thrombendarterektomie) oder CAS (Carotid Artery Stenting ) so gering wie möglich sein und fachneurologisch kontrolliert werden. Als maximal akzeptable periprozedurale Komplikationsrate bei asymptomatischer Stenose gilt jetzt 2 % (bislang 3 %), bei symptomatischer Stenose 4 % (bislang 6 %).

Die Entscheidung zur Revaskularisation bei hochgradiger asymptomatischer Karotisstenose muss angesichts des geringen Risikos unter einer optimalen medikamentösen Therapie (Best Medical Treatment, BMT) individualisiert, nach einer sorgfältigen Risiko-Nutzen-Abwägung, erfolgen. Für den Eingriff gelten einige Voraussetzungen: Das Operationsrisiko sollte nicht erhöht sein und die Lebenserwartung mindestens fünf Jahre betragen, es sollten mehrere klinische oder bildgebende Befunde vorliegen, die mit einem gesteigerten Schlaganfallrisiko assoziiert sind (Tab. 1, mod. nach [2]), die periprozedurale Komplikationsrate sollte maximal bei 2 % liegen. Sander zufolge könnte das gesteigerte periprozedurale Risiko bei CAS im Vergleich mit TEA möglicherweise durch einen transkarotiden Zugang vermindert werden.

T1 Parameter, die mit höherem Risiko für Ischämie assoziiert sind (TCD = transkranielle Dopplersonografie)

Therapie der asymptomatischen Karotisstenose

Keyhani et al. verglichen in einer prospektiven Kohortenstudie an 5.221 Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose > 50 % über fünf Jahre die Wirksamkeit einer optimalen medikamentösen Therapie versus TEA zur Schlaganfallvermeidung [2]. Das Ergebnis nach Adjustierung für Kofaktoren und nicht vaskuläre Todesursachen: Das Risiko für tödliche oder nicht tödliche Schlaganfälle war in beiden Gruppen vergleichbar und mit einer relativen Risikoreduktion von 6,2 % (95 %-KI: 5,7-9,5 %) unter BMT und 5,4 % (95 %-KI: 4,7-6,2 %) unter TEA nicht signifikant unterschiedlich. Damit sei die absolute Risikoreduktion für einen tödlichen oder nicht tödlichen Schlaganfall durch eine TEA im Vergleich zu BMT weniger als halb so groß, wie die großen Studien zur TEA bei asymptomatischer ACI-Stenose vor 20 Jahren gezeigt hatten, kommentierte Sander: "Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich unsere medikamentösen Optionen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben."

Leitlinienempfehlungen zum BMT

Für eine optimale konservative Therapie gibt die Leitlinie einige Empfehlungen. Sinnvoll sei bei Patienten mit Karotisstenose eine konsequente Modifikation von Risikofaktoren inklusive Änderungen des Lebensstils mit Nikotinverzicht, gesunder Ernährung und körperlicher Aktivität, als auch die leitliniengerechte Behandlung einer arteriellen Hypertonie und eines Diabetes mellitus. Für die medikamentöse Behandlung wird bei asymptomatischen Stenosen ASS (100 mg/d) empfohlen. Vor CAS sollte eine duale Plättchenhemmung mit ASS (100 mg) und Clopidogrel (75 mg) erfolgen und mindestens drei Monate lang beibehalten werden. Die Behandlung mit Clopidogrel sollte mindestens drei Tage vor dem Eingriff mit 75 mg/Tag oder mit 300 mg am Tag vor dem Eingriff begonnen werden. Zur kardiovaskulären Langzeitprävention sollten Statine eingenommen werden. Entsprechend aktueller Leitlinien soll das LDL-Cholesterin auf < 70 mg/dl beziehungsweise < 50 mg/dl bei Arteriosklerose-Hochrisikopatienten gesenkt werden.

Neuro Update 2021, Vortrag: Schlaganfall: Sekundärprophylaxe, 5.3.2021