Die Pandemie durch SARS-CoV-2 und das dadurch ausgelöste Krankheitsbild COVID-19 haben Auswirkungen auf alle Bereiche der Medizin. Neben anderen möglichen neurologischen Manifestationen ist bereits frühzeitig über neurovaskuläre Komplikationen berichtet worden. Darüber hinaus hat die COVID-19-Pandemie aber auch direkte und indirekte Auswirkungen auf die Versorgung von Patienten mit neurovaskulären Erkrankungen.

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© G. Thomalla, C. Nolte (2)

Im Rahmen der COVID-19(COrona VIrus Disease-2019)-Pandemie stellt sich gerade für die Neurologen auch die Frage, welche Folgen und Implikationen die SARS-CoV-2(Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2)-Infektion für den Bereich der neurovaskulären Erkrankungen hat. Dieser Artikel soll daher erläutern, ob und in welchem Ausmaß COVID-19 mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle einhergeht, und er soll mögliche Pathomechanismen der Assoziation einer SARS-CoV-2-Infektion mit neurovaskulären Erkrankungen beleuchten. Des Weiteren werden die aktuell verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten neurovaskulärer Komplikationen der COVID-19 Erkrankung diskutiert und ein Überblick über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Schlaganfallversorgung gegeben.

Assoziation von SARS-CoV-2 mit neurovaskulären Erkrankungen

Zahlreiche Beobachtungsstudien berichten bei Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind, über neurovaskuläre Komplikationen, insbesondere ischämische Schlaganfälle. Die Beurteilung, ob es sich dabei um eine unabhängige und spezifische Assoziation der SARS-CoV-2-Infektion mit ischämischen Schlaganfällen handelt, und ob neurovaskuläre Komplikationen häufiger sind als bei anderen schweren Infektionserkrankungen, ist dabei aufgrund der fehlenden Vergleichskollektive zumeist nicht sicher möglich.

In der Frühphase der COVID-19-Pandemie wurden in verschiedenen Fallserien ischämische Schlaganfälle bei 1,6-4,6 % der hospitalisierten COVID-19-Patienten berichtet. Die absoluten Zahlen waren dabei zumeist gering. So lagen die Zahlen von ischämischen Schlaganfällen bei drei von 184 (1,6 %) in einer niederländischen Fallserie [1], neun von 362 (2,5 %) in einer Fallserie aus Mailand, Italien [2], und sechs von 214 (2,8 %) [3] beziehungsweise zehn von 219 (4,6 %) [4] in zwei Fallserien aus Wuhan, China. Eine aktuelle Metaanalyse von 61 Publikationen mit über 108.000 hospitalisierten COVID-19-Patienten berichtet über eine mittlere Rate von Schlaganfällen von 1,4 %. Dabei waren es in der Mehrzahl ischämische Schlaganfälle (87 %), seltener intrazerebrale Blutungen (12 %). In den Studien aus Europa und Nordamerika lag die Schlaganfallrate hier bemerkenswerterweise bei 1,2 % und 1,1 %, in Asien jedoch bei 3,1 % [5].

Zerebrovaskuläre Ereignisse traten häufiger bei Patienten mit schweren respiratorischen Verläufen oder notwendiger intensivmedizinischer Behandlung auf. Patienten mit zerebrovaskulären Ereignissen zeigten häufig die klassischen vaskulären Risikofaktoren, waren älter, und hatten höhere Raten an kardiovaskulären Vorerkrankungen, als COVID-19-Patienten ohne zerebrovaskuläre Ereignisse [5]. Im Vergleich zu Schlaganfallpatienten ohne COVID-19 waren Patienten, bei denen ein Schlaganfall im Kontext der SARS-CoV-2-Infektion auftrat, jünger und zeigten öfter einen Verschluss einer großen intrakraniellen Arterie und eine höhere Krankenhaussterblichkeit.

Im Vergleich zu anderen Virusinfektionen kommt eine retrospektive Kohortenstudie an zwei New Yorker Krankenhäusern zu dem Schluss, dass Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion ein höheres Risiko für einen akuten, ischämischen Schlaganfall haben als solche, die an einer Influenza erkrankt sind [6].

Mögliche Ursachen für neurovaskuläre Komplikationen bei COVID-19

Letztlich ist derzeit nicht geklärt, welche Pathomechanismen der Assoziation von COVID-19 mit neurovaskulären Komplikationen zugrunde liegen, und in welchem Maß diese für eine Infektion mit SARS-CoV-2 spezifisch sind. Ein möglicher Mechanismus hinter der Assoziation zwischen COVID-19 und ischämischen Schlaganfällen könnte in der infektionsassoziierten Aktivierung des Gerinnungssystems liegen, die bis zum Vollbild einer disseminierten intravasalen Gerinnung reichen kann [7, 8]. In einer Studie aus Wuhan wiesen Patienten mit schweren respiratorischen Verläufen insgesamt höhere D-Dimer-Spiegel auf, die eine mögliche Verbindung zur erhöhten Schlaganfallrate bei diesen Patienten darstellen [4]. COVID-19-Patienten mit ischämischem Schlaganfall hatten ebenfalls häufig zeitgleich tiefe Venenthrombosen oder Lungenarterienembolien, was eine allgemeine Aktivierung des Gerinnungssystems als mögliche Ursache unterstützt [9].

Vielfach diskutiert wird auch eine Hyperkoagulabilität als Folge der inflammatorischen Antwort auf die Infektion, den "Zytokinsturm". Dabei führt die Freisetzung von Zytokinen wie Interleukin(IL)-2, IL-6, IL-7, IL-10, G-CSF, IP-10, MCP-1, MIP-1A und TNF-α unter anderem zur Aktivierung von Endothelzellen, zur Aktivierung von Thrombozyten, zur Expression von Gewebsfaktor und zu vermehrter Thrombinbildung. Zusammengenommen sind das Faktoren, die eine prothrombotische Neigung bedingen [10]. Weiterhin gibt es inzwischen einige Arbeiten, die erhöhte Raten von Antiphospholipid-Antikörpern oder Lupus-Antikaogulanz bei Patienten mit SARS-CoV-2 nachgewiesen haben [11, 12, 13]. Dabei zeigte sich auch, dass es bei COVID-19-Patienten mit nachgewiesenem Lupus-Antikoagulanz häufiger (in 63 % der Fälle) zu thrombotischen Ereignissen kam [13]. Beispielhaft zeigen die kraniellen CT- und Angiografie-Bilder den Fall eines 63-jährigen Patienten, der während einer COVID-19 einen großen intrakraniellen Gefäßverschluss entwickelte, der trotz wiederholter Rekanalisationsmanöver mehrfach re-okkludierte. Abschließen erhielt der Patient einen intrakraniellen Stent (Kasuistik Abb. 1).

Ein Mechanismus hinter der Assoziation zwischen COVID-19 und ischämischen Schlaganfällen könnte in der infektionsassoziierten Aktivierung des Gerinnungssystems liegen, die bis zum Vollbild einer disseminierten intravasalen Gerinnung reichen kann.

Eine vaskulitische Genese, wie sie vom Varizella-Zoster-Virus bekannt ist, wird auch gelegentlich als mögliche alternative Erklärung für vaskuläre Komplikationen diskutiert. Hierfür gibt es bisher jedoch keine Daten aus Hirnbiopsien [14].

Zu den Laborparametern, die bei Patienten mit COVID-19 und Schlaganfall auffällig waren, gehören erhöhte Werte für IL-6, Antiphospholipid-Antikörper (AK), Faktor VIII und Von-Willebrand-Faktor. Allgemein lässt sich sagen, dass vaskuläre Komplikationen als Folgeerscheinung schwerer sonstiger Organschäden oder im Rahmen schwerer Verläufe der Erkrankung auftreten, wie sie auch von anderen Virusinfektionen bekannt sind. Andererseits könnte die höhere Schlaganfallrate bei schwerer betroffenen Patienten auch einem Selektionsbias geschuldet sein, da es vor allem multimorbide Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren sind, die schwere Verläufe von COVID-19 zeigen.

Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen in der Anamnese haben ein höheres Risiko für einen schwereren Verlauf von COVID-19.

Auch intrazerebrale Blutungen bei Patienten mit COVID-19 sind berichtet [3], hier ist die Datenlage jedoch noch stärker begrenzt und lässt keine zuverlässige Einschätzung der Häufigkeit zu. Das Verhältnis von ischämischen Schlaganfällen zu hämorrhagischen Schlaganfällen unter COVID-19 liegt nach derzeitigen Erkenntnissen zirka bei 4:1.

Zum Krankheitsverlauf lässt sich feststellen, dass Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen in der Anamnese ein höheres Risiko für einen schwereren Verlauf von COVID-19 haben. In einer Metaanalyse der verfügbaren Arbeiten zum Thema war ein Schlaganfall in der Vorgeschichte mit einem 2,5-fach erhöhten Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf und einem Trend zu höherer Mortalität assoziiert [15].

Therapieoptionen für neurovaskuläre Erkrankungen bei CoV-SARS-2-Infektion

Die Mehrheit der therapeutischen Ansätze konzentriert sich derzeit auf COVID-19 als solches und behandelt Aspekte allgemeiner Therapieprinzipien, wie Sauerstoffgabe und Beatmung [16]. Mit konkretem Bezug auf das krankheitsverursachende Agens gibt es

  • virusorientierte (antivirale) Ansätze,

  • immunmodulatorische Ansätze (z. B. Steroide, Tocilizumab, Antikörper) sowie

  • wirtsorientierte Ansätze (z. B. Vakzine).

Bei COVID-19 besteht ein hohes Risiko für primär venöse (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie) und seltener auch für arterielle Thrombosen/Thrombembolien (Schlaganfall, akutes Koronarsyndrom). Empfehlungen für stationär behandelte Patienten mit COVID-19 beinhalten daher die Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) in einer für den Hochrisikobereich zugelassenen Dosierung. Alternativ wird die Gabe von Fondaparinux empfohlen. Im Einzelfall wird eine therapeutisch dosierte Antikoagulation als vertretbar angesehen. Als Beispiele hierfür werden rasch ansteigende D-Dimere oder eine akute Verschlechterung des Gasaustausches genannt [16]. Ob so die Wahrscheinlichkeit für einen ischämischen Schlaganfall als Komplikation einer COVID-19 verringert werden kann, ist unklar. Einzelne Studien sehen jedoch eine verringerte Mortalität unter einer therapeutischen Antikoagulation [17].

Bei COVID-19 besteht ein hohes Risiko für primär venöse (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie) seltener auch arterielle Thrombosen und Thrombembolien.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologe (DGN) weist darauf hin, dass sich die Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls bei Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion nicht von denen ohne unterscheidet (abgesehen von entsprechenden Schutzmaßnahmen für Personal und Mitpatienten, AWMF-Registriernummer 030-046). Auch die Leitlinie der DGN zur Sekundärprävention hat bei Patienten mit SARS-CoV-2 ihre Gültigkeit (AWMF-Registriernummer 030/133). Die Leitlinie zu neurologischen Manifestationen bei COVID-19 stellt jedoch fest, dass bei Patienten mit schwerem Verlauf einer COVID-19 die Behandlung im Gesamtkontext der Situation mit den behandelnden Kolleginnen und Kollegen der Infektiologie und Intensivmedizin abgestimmt werden soll [[18]; AWMF-Registriernummer 030/144]

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Versorgung

Relativ schnell wurde offenbar, dass die COVID-19-Pandemie deutliche Effekte auf die medizinische Versorgung anderer Erkrankungen verursachte. Die Gründe dafür wurden im Verhalten der Patienten im Sinne der Inanspruchnahme von Leistungen der Gesundheitssysteme, aber auch in den Ressourcen und Kapazitäten (z. B. der Krankenhäuser und der Rettungsdienste), gesehen. Beeinflusst wurde das Verhalten der Patienten durch die Berichterstattung in den Medien sowie durch staatlich verordnete Restriktionen.

Verhalten der Patienten

Im Juli 2020 wurde berichtet, dass die Nutzung der RAPID-Bildgebungs-Software im März und April 2020 in den USA dramatisch zurückgegangen sei. RAPID wird täglich und hundertfach zur Indikationsstellung von Akuttherapien beim ischämischen Schlaganfall eingesetzt. Der Rückgang begann parallel zur Bekanntgabe des ersten Todesfalls eines COVID-19-Patienten (in den USA). Bemerkenswerterweise ging der Rückgang der Erklärung des nationalen Notstandes (national emergency) sowie den staatlich verordneten Lockdown-Maßnahmen voraus. Damit ist er besser durch das Verhalten der Patienten erklärt als durch die staatlich verordneten Restriktionen [19]. Insbesondere aus China, dem Ursprungsland der Pandemie, wurde berichtet, dass Patienten mit Symptomen eines akuten Schlaganfalls "Angst vor Ansteckung im Krankenhaus" hätten. Daten aus der observationalen chinesischen Datenbank zur Versorgung von Schlaganfallpatienten (Big Data Oberservatory Platform for Stroke; 280 Krankenhäuser) zeigten einen dramatischen Rückgang von Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose Schlaganfall (minus 40 %), von Akuttherapien (27 % weniger Lysetherapien, 25 % weniger Thrombektomien) im Vergleich des Monats Februar von 2020 zu 2019.

Unzureichende Kapazität an Transporteinheiten

Neben der Angst einer Ansteckung im Krankenhaus wurde auch auf unzureichende Kapazitäten an Transporteinheiten hingewiesen [20]. Demgegenüber zeigten Daten des britischen Gesundheitssystems keinen Rückgang der Nutzung von Rettungstransportwägen für die Diagnose Schlaganfall oder Herzinfarkt zu Beginn der Pandemie [21]. Der Umgang der britischen Regierung unterschied sich in der Frühphase der Pandemie deutlich von der der chinesischen. Die britischen Medien präsentierten einen Premierminister, der fleißig Hände schüttelte. In China wurden Städte mit Millionen Einwohnern komplett von der Außenwelt isoliert [22].

Rückgang an Krankenhausaufnahmen

Eine große retrospektive Analyse von 187 "comprehensive stroke"-Zentren auf der ganzen Welt zeigte einen Rückgang an Krankenhausaufnahmen von ischämischen (minus 20 %) und hämorrhagischen Schlaganfällen (minus 12 %) sowie mechanischen Thrombektomien (minus 13 %) während der ersten drei Monate der ersten Welle der Pandemie [23]. Eine weltweite Befragung an 475 Krankenhäusern aus 61 Ländern ergab einen Rückgang an Notfallinterventionen bei über zwei Drittel der beteiligten Häuser [24].

Weltweit und speziell auch in Deutschland wurde während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie ein signifikanter Rückgang von Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose ischämischer Schlaganfall, TIA und intrakranielle Blutung beobachtet.

Auch in Deutschland war insgesamt ein Rückgang an Krankenhausaufnahmen mit der Diagnose Schlaganfall während der ersten Welle der Pandemie zu verzeichnen. Der Effekt war dabei lokal und temporal heterogen. So wurden in Mainz ab März 2020 weniger Patienten mit den Diagnosen Schlaganfall/TIA eingewiesen [25]. In einer Analyse von vier Universitätskliniken (Heidelberg, Mannheim, Freiburg, Dresden) zeigte sich jedoch nur bei zweien ein signifikanter Rückgang der Inzidenz-Raten-Ratio für den Schlaganfall und nur bei einer ein Rückgang für die Häufigkeit der Lysetherapie [26]. In Berlin und Nord-Ost-Deutschland zeigte sich ab der zweiten Märzhälfte 2020 ein Rückgang von 20-25 % im Vergleich zum historischen Durchschnitt. Der Rückgang an Schlaganfallpatienten in den Notaufnahmen ging damit zeitlich den steigenden Inzidenzen von SARS-CoV-2-Infektionen voraus. Es waren vor allem Patienten mit geringen neurologischen Defiziten, die den Krankenhäusern fernblieben. Die Häufigkeit von Akuttherapien sank in den 18 erfassten Krankenhäusern insgesamt nicht [27].

Hinsichtlich der Prozesszeiten verlängerten sich die Zeitintervalle von Ankunft im Krankenhaus bis zur zerebralen Bildgebung im Vergleich zwischen einer vierwöchigen Phase während der Pandemie und einer Phase vor der Pandemie an der Universitätsklinik Dresden nicht (12 versus 13 Minuten) [28]. Auch war die endovaskuläre Thrombektomie (ET) in der Analyse des nationalen German Stroke Registers (GSR-ET), das die Daten von über 20 Krankenhäusern deutschlandweit erfasst, über die Zeit sehr robust und es zeigten sich keine signifikanten Verschlechterungen der Prozesszeiten, der Effektivität (Rekanalisationsraten) oder des klinischen Outcomes während der ersten Welle der Pandemie [29].

Die Häufigkeit und Umsetzung der Akuttherapien (Lyse, endovaskuläre Rekanalisation) waren in Deutschland überwiegend stabil. Erstmalig seit langer Zeit ist die intrahospitale Mortalität nach Schlaganfall während der COVID-19-Pandemie in Deutschland wieder gestiegen.

Auf dem Boden administrativer Daten des statistischen Bundesamtes von 1.463 Krankenhäusern in Deutschland zeigte sich ein Rückgang an Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose ischämischer Schlaganfall (minus 17 %), TIA (minus 23 %) und intrakranieller Blutung (minus 16 %). Die Lyseraten waren stabil und bei der endovaskulären Therapie zeigte sich sogar eine signifikante Zunahme. Bei seit langer Zeit stetig sinkenden Zahlen für die intrahospitale Mortalität nach Schlaganfall offenbarten die für Deutschland repräsentativen Zahlen für die Zeit der Pandemie nun einen Anstieg der Mortalität sowohl nach ischämischem (7,6 % auf 8,1 %) also auch hämorrhagischem Schlaganfall (29,9 % auf 34,9 %) [30]. Der Rückgang an Krankenhauseinweisungen für akuten Schlaganfall/TIA (minus 20 %) fiel demgegenüber in Deutschland bei Erkrankungen wie dem Herzinfarkt (minus 39 %), und insbesondere gegenüber elektiven Eingriffen wie der Hysterektomie bei gutartigem Tumor (minus 79 %) oder dem Hüftersatz (minus 82 %), weniger deutlich aus [31].

Fazit für die Praxis

Die Infektion mit SARS-CoV-2 kann mit neurovaskulären Komplikationen einhergehen. Die Rate von Schlaganfällen bei hospitalisierten Patienten beträgt dabei etwa 1,4 %. Hirnblutungen als Komplikation bei COVID-19 sind ebenfalls beschrieben worden, allerdings deutlich seltener. Eine Aktivierung des Gerinnungssystems infolge der inflammatorischen Reaktion auf die Infektion stellt eine mögliche Ursache für thrombotische Komplikationen bei COVID-19-Patienten dar. Bei vielen an COVID-19 erkrankten Patienten lassen sich Antiphospholipid-Antikörper oder Lupus-Antikoagulanz nachweisen. Therapeutisch stehen bei einer SARS-CoV-2-Infektion Maßnahmen der Grunderkrankung im Vordergrund. Bei stationär behandelten Patienten werden eine Behandlung mit niedermolekularen Heparinen in einer für den Hochrisikobereich zugelassenen Dosierung und im Einzelfall eine therapeutisch dosierte Antikoagulation empfohlen. Weltweit und speziell auch in Deutschland wurde während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie ein signifikanter Rückgang von Krankenhauseinweisungen mit den Diagnosen ischämischer Schlaganfall, TIA oder intrakranielle Blutung beobachtet. Die Häufigkeit und Umsetzung der Akuttherapien (Lyse, endovaskuläre Rekanalisation) waren dabei in Deutschland überwiegend stabil. Erstmalig seit langer Zeit ist die intrahospitale Mortalität nach Schlaganfall während der Pandemie in Deutschland wieder gestiegen.

Die Leitlinie "Neurologische Manifestationen bei COVID-19" der DGN ist online verfügbar:

Die DGN und die European Stroke Organisation (ESO) bieten online eine Übersicht über aktuelle Publikationen und Empfehlungen zum Thema Schlaganfall und COVID-19: