Fragestellung: Ist spezifische, manualisierte Psychotherapie in Ergänzung zur medikamentösen Phasenprophylaxe wirksamer als unspezifische psychosoziale Maßnahmen in der Verhinderung von Episoden einer bipolaren Störung?

Hintergrund: Psychotherapeutische Interventionen werden, additiv zur Psychopharmakotherapie, auch bei bipolaren Störungen empfohlen. Allerdings ist unklar, welche Psychotherapien zur Reduktion der Phasenhäufigkeit besonders effektiv sind.

Patienten und Methodik: Das systematische Review und die Netzwerk-Metaanalyse schlossen Studien mit Patienten mit bipolarer Störung als primäre Diagnose ein. Die Patienten waren in verschiedenen Phasen, hatten unterschiedliche Medikationen und psychische Komorbiditäten. Die untersuchten psychosozialen Interventionen erfolgten in Einzel-, Familien-, Paar- und Gruppensettings, mit direktem Therapeutenkontakt (keine digitalen Interventionen). Eingeschlossen wurden folgende spezifische Interventionen: kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit kognitiver Umstrukturierung, Verhaltensaktivierung und Problemlösestrategien, Standard-Psychoedukation (PE) über mindestens sechs Sitzungen, interpersonelle und soziale Rhythmustherapie (IPSRT), Familien-/Paartherapie und funktionelle Remediation. Die Kontrollgruppen waren entweder kurze PE (maximal drei Sitzungen), supportive Therapie oder "treatment as usual" (TAU). Insgesamt konnten 18 Therapiekomponenten miteinander verglichen werden. Primärer Outcome war der Anteil der Teilnehmer, die während der ersten zwölf Monate nach der Randomisierung eine erneute Krankheitsepisode erlebten.

Ergebnisse: Insgesamt 39 Studien wurden in die finale Analyse eingeschlossen, davon 36 Studien mit Erwachsenen und drei mit adoleszenten Patienten. Es wurden Daten von 3.863 Teilnehmern ausgewertet (Durchschnittsalter 36,5 Jahre; 60,8 % Frauen). Im Vergleich zu den Kontrollbedingungen waren Familientherapie, KVT, Standard-PE und Kurz-PE effektiver in der Verhinderung erneuter Krankheitsepisoden, vor allem die familien- und paartherapeutischen Verfahren. Depressive Symptome wurden am effektivsten durch KVT reduziert, ein weniger signifikanter Unterschied zeigte sich für die Familien-/Paartherapien und die IPSRT im Vergleich zu TAU. Bei der Reduktion von manischen Symptomen war die KVT ebenfalls der Kontrollbedingung signifikant überlegen, gefolgt von Psychoedukation und Familien-/Paartherapie. Bei der Analyse der 18 verschiedenen Therapiekomponenten konnte gezeigt werden, dass Therapie im Familiensetting und das Bestärken der Teilnehmer, ihre Frühwarnzeichen zu beobachten, zu verminderten Rückfällen führte. Kognitive Umstrukturierung, Regulierung von täglichen Rhythmen und, etwas weniger stark assoziiert, Kommunikationstraining waren die besten Komponenten für die Reduktion von sowohl depressiven als auch manischen Symptomen.

Schlussfolgerung: Patienten mit einer bipolaren Störung sollte eine Kombination aus medikamentöser und spezifischer Psychotherapie angeboten werden.

Miklowitz DJ, Efthimiou O, Furukawa TA et al. Adjunctive psychotherapy for bipolar disorder - a systematic review and component network meta-analysis. JAMA Psychiatry 2020; doi:10.1001/jamapsychiatry. 2020.2993