Fragestellung: Ist Dexamethason zur Therapie von COVID-19 wirksam?

Hintergrund: Bei COVID-19 kommt es nicht nur zu einer Pneumonie mit diffuser Lungenschädigung, sondern auch zur Freisetzung von zahlreichen Zytokinen. Glukokortikoide haben entzündungshemmende Eigenschaften und können die Freisetzung von Zytokinen hemmen. Daher sollte Dexamethason bei Patienten mit COVID-19 untersucht werden.

Patienten und Methodik: In der kontrollierten, offenen Studie im Rahmen des RECOVERY-Studienprogramms in Großbritannien erhielten Patienten, die wegen einer COVID-19-Erkrankung stationär behandelt wurden, nach dem Zufallsprinzip orales oder intravenöses Dexamethason (in einer Dosis von 6 mg einmal täglich) für bis zu zehn Tage, oder die übliche Behandlung. Der primäre Endpunkt der Studie war die 28-Tage-Mortalität.

Ergebnisse: 2.104 Patienten erhielten Dexamethason, 4.321 die übliche Behandlung. Von den insgesamt 6.425 Patienten wurden 1.007 künstlich beatmet, 3.883 erhielten Sauerstoff und 1.535 benötigen keinen Sauerstoff. Die Patienten waren im Mittel 65 Jahre alt und zwei Drittel waren Männer. Im Durchschnitt lagen sieben Tage zwischen Behandlungs- und Symptombeginn.

Innerhalb von 28 Tagen verstarben 482 Patienten (22,9 %) in der Dexamethason- und 1.110 Patienten (25,7 %) in der Standardtherapiegruppe. Dies entspricht einer altersadjustierten Rate Ratio (RR) von 0,83 (95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,75-0,93; p < 0,001) (Abb. 1). Die Unterschiede in der Mortalität waren von der respiratorischen Unterstützung abhängig, die die Patienten zum Zeitpunkt der Randomisierung erhielten. In der Dexamethasongruppe war die Sterblichkeit bei den Patienten, die eine invasive mechanische Beatmung erhielten, niedriger als in der Standardtherapiegruppe (29,3 % vs. 41,4 %; RR: 0,64; 95 %-KI: 0,51-0,81) und als bei den Patienten, die nur Sauerstoff ohne Beatmung erhielten (23,3 % vs. 26,2 %; RR: 0,82; 95 %-KI: 0,72-0,94). Bei Patienten, die keinen Sauerstoff benötigten, betrug die Sterblichkeit 17,8 % versus 14,0 % (RR: 1,19; 95 %-KI: 0,91-1,55). Die Patienten der Dexamethasongruppe hatten einen kürzeren stationären Aufenthalt als die Patienten der Standardtherapiegruppe (median 12 vs. 13 Tage) und eine größere Wahrscheinlichkeit, innerhalb von 28 Tagen aus dem Krankenhaus entlassen zu werden (RR: 1,10; 95 %-KI: 1,03-1,17). Der größte Unterschied bezüglich der Entlassung aus dem Krankenhaus innerhalb von 28 Tagen zeigte sich bei den Patienten, die künstlich beatmet wurden. Das Risiko einer Verschlechterung mit der Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung war unter Dexamethason geringer als unter Standardtherapie (RR: 0,77; 95 %-KI: 0,62-0,95).

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Mod. nach Horby P et al. N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMoa2021436

28-Tage-Mortalität im Gesamtkollektiv der Studie

Schlussfolgerung: Bei stationären COVID-19-Patienten reduzierte die Therapie mit Dexamethason die 28-Tage-Mortalität.

Recovery Collaborative Group RC, Horby P, Lim WS, Emberson JR et al. Dexamethasone in hospitalized patients with COVID-19 - Preliminary report. N Engl J Med 2020; DOI: 10.1056/NEJMoa2021436