Fragestellung: Ist eine Psychotherapie bei Depression in den verschiedenen Altersgruppen, von Kindern bis zu Hochbetagten, unterschiedlich erfolgreich?

Hintergrund: Systematische Übersichtsarbeiten zur Depressionsbehandlung bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und alten Menschen zeigen, dass eine Psychotherapie in jeder Altersgruppe effektiv ist. In altersgetrennt durchgeführten Metaanalysen liegen dabei die Effektstärken im Kindes- und Jugendalter niedriger als in anderen Altersbereichen, was aber auch an den methodischen Unterschieden der Metaanalysen liegen könnte. Die hier dargestellte Arbeit untersucht erstmals mit einer einheitlichen Methodik die Effektstärke einer psychotherapeutischen Depressionsbehandlung über die gesamte Lebensspanne.

Patienten und Methodik: Eingeschlossen wurden randomisierte und kontrollierte Studien zur Psychotherapie einer Depression. Die Analyse kontrastierte die Ergebnisse in den Altersgruppen Kinder (Altersdurchschnitt ≤ 13 Jahre), Jugendliche (13-18 Jahre), junge Erwachsene (18-24 Jahre), Menschen im mittleren Lebensalter (24-55 Jahre), alte Menschen (55-75 Jahre) und Hochbetagte (> 75 Jahre).

Ergebnisse: Insgesamt wurden 366 Studien (13 mit Kindern, 24 mit Jugendlichen, 19 mit jungen Erwachsenen, 242 mit Erwachsenen im mittleren Alter, 58 mit alten Menschen, 10 mit Hochbetagten) mit zusammen 36.702 Teilnehmern in die Analyse eingeschlossen. Die generelle Effektstärke über alle Altersgruppen hinweg war groß bis mittelgroß (g = 0,75) und sank beim Ausschluss von Studien mit schlechterer Studienqualität auf eine Effektstärke von 0,51 ab, bei Berücksichtigung des Publikationsbias auf eine Effektstärke von 0,43. Studien mit Wartekontrollgruppen als Vergleichsgruppen zeigten generell größere und unabhängig von der Altersgruppe gleiche Effektstärken. Studien mit einer aktiven Vergleichsgruppe ("treatment as usual" oder unspezifische Zuwendung) zeigten generell geringere Effektstärken. Insbesondere die Effektstärken in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen fielen bei aktiven Vergleichsinterventionen stark ab. Die gemittelten Effektstärken über alle Vergleichsgruppen betrugen bei Kindern 0,35 und bei Jugendlichen 0,55. Sie waren damit signifikant niedriger als bei Menschen im mittleren Alter (0,77), alten Menschen (0,66) und Hochbetagten (0,97) (Abb. 1).

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Mod. nach Cuijpers P et al. JAMA Psychiatry 2020

Effektstärken von Psychotherapie in verschiedenen Altersgruppen.

Schlussfolgerungen: Die Autoren sehen Hinweise für eine geringere Effektstärke bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Diese Hinweise seien aber schwierig zu deuten, da sich die benutzen Messinstrumente zur Erfassung der Depression in diesem Altersbereich von den im Erwachsenenalter genutzten Instrumenten unterscheiden. Während dies für die Effektstärke nicht bedeutsam ist, ist es gerade für die Erfassung der absoluten Depressionsschwere wichtig, für die die Metaanalyse deswegen auch nicht korrigiert werden kann. Umgekehrt ist aufgrund der einheitlicheren Erfassung der Effekt einer Psychotherapie im Erwachsenenalter stabil und relativ hoch und nimmt auch bei sehr alten Menschen nicht ab.

Cuijpers P, Karyotaki E, Eckshtain D et al. Psychotherapy for depression across different age groups: A systematic review and meta-analysis. JAMA Psychiatry 2020; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2020.0164