Fragestellung: Ist OnabotulinumtoxinA zur Migräneprophylaxe bei Jugendlichen mit chronischer Migräne wirksam?

Hintergrund: Die chronische Migräne ist definiert als mindestens 15 Kopfschmerztage pro Monat für eine Dauer von drei Monaten mit typischen Migränetagen an mindestens acht Tagen pro Monat. Die Prävalenz der chronischen Migräne bei Erwachsenen liegt bei etwa 1 %. Von den 12- bis 17-Jährigen leiden bereits 0,8 % an einer chronischen Migräne mit oder ohne Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln. Für die Prophylaxe der chronischen Migräne gibt es valide Daten zur medikamentösen Prophylaxe für Topiramat und OnabotulinumtoxinA [1]. Daher ist OnabotulinumtoxinA bei Erwachsenen zur Prophylaxe der chronischen Migräne zugelassen. Belastbare Daten zum Einsatz von OnabotulinumtoxinA bei Jugendlichen mit chronischer Migräne gibt es bisher nicht.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine multizentrische doppelblinde Parallelgruppenstudie bei Jugendlichen mit chronischer Migräne im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Die Behandlung erfolgte entweder mit OnabotulinumtoxinA mit 155 oder 74 Einheiten versus Placebo. Der primäre Endpunkt der Studie war die Änderung der Kopfschmerztage von der Baseline bis zur zwölften Woche. Erfasst wurden zusätzlich die Änderung der Kopfschmerztage nach vier und acht Wochen und die Änderung der Häufigkeit von Tagen mit ausgeprägten Kopfschmerzen.

Ergebnisse: In die Studie wurden 125 Jugendliche aufgenommen. Die Behandlung erfolgte bei 43 Studienteilnehmern mit 74 Einheiten OnabotulinumtoxinA und bei 45 Jugendlichen mit 155 Einheiten. Placebo erhielten 37 Studienteilnehmer. Das mittlere Alter lag bei 15 Jahren und 80 % der Studienteilnehmer waren weiblich. Die Migräne hatte im Mittel im zehnten Lebensjahr begonnen.

In allen Therapiegruppen kam es zu einer Abnahme der Kopfschmerztage ohne Unterschied zwischen den drei Therapiearmen. Die mittlere Reduktion der Häufigkeit der Kopfschmerztage am Ende von Woche 12 (primärer Endpunkt) betrug -6,3 Tage (95%-Konfidenzintervall [KI]: -8,5 bis -4,2) für OnabotulinumtoxinA 155 Einheiten, -6,4 Tage (95%-KI: -8,8 bis -4,0) für OnabotulinumtoxinA 74 Einheiten und -6,8 Tage (95%-KI: -9,6 bis -4,1) Tage für Placebo (p ≥ 0,474). Alle Behandlungen reduzierten die Häufigkeit von Tagen mit hoher Kopfschmerzintensität. Die Therapie wurde gut vertragen. Es traten drei schwere unerwünschte Ereignisse auf, die jedoch nicht behandlungsabhängig waren und ohne Folgen blieben. Die häufigsten behandlungsbedingten unerwünschte Ereignisse waren Nackenschmerzen (n = 8), Infektionen der oberen Atemwege (n = 7), Migräne sowie Nasopharyngitis (n = je 5).

Schlussfolgerung: In einer randomisierten Studie bei Jugendlichen mit chronischer Migräne führten sowohl OnabotulinumtoxinA als auch Placebo zu einer klinisch bedeutsamen Reduktion der monatlichen Kopfschmerztage. Aufgrund des hohen Placeboeffekts war es aber nicht möglich, eine Überlegenheit von OnabotulinumtoxinA gegenüber Placebo nachzuweisen.

Winner PK, Kabbouche M, Yonker M et al. A randomized trial to evaluate onabotulinumtoxinA for prevention of headaches in adolescents with chronic migraine. Headache 2020; 60: 564-75