Fragestellung: Gibt es Unterschiede bei der Häufigkeit rezidivierender ischämischer Insulte und Blutungskomplikationen, wenn eine orale Antikoagulation mit nicht Vitamin-K-abhängigen Antikoagulanzien (NOAK) innerhalb der ersten drei Tage oder ab dem vierten Tag nach einem ischämischen Insult bei Patienten mit Vorhofflimmern initiiert wird?

Hintergrund: Die effektive Form der Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern ist eine orale Antikoagulation. Diese ist besonders wirksam, wenn Patienten mit Vorhofflimmern bereits eine transitorische ischämische Attacke (TIA) oder einen ischämischen Insult erlitten haben. Zu der Frage, wann die orale Antikoagulation idealerweise initiiert werden sollte, gibt es bisher keine Daten aus randomisierten Studien. In der Frühphase nach einem ischämischen Insult mit Vorhofflimmern besteht ein besonders hohes Rezidivrisiko. Daher wird angestrebt, die Antikoagulation so früh wie möglich zu beginnen. Wird die Antikoagulation allerdings zu früh begonnen oder besteht ein großes ischämisches Defizit, kann es zur einer hämorrhagischen Transformation und Verschlechterung der klinischen Symptomatik kommen. Die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) [1] und der European Stroke Organisation (ESO) [2] empfehlen daher, bei Patienten mit TIA sofort zu antikoagulieren, bei Patienten mit leichten Schlaganfällen und kleinem Defizit in der zerebralen Bildgebung nach drei Tagen, mit mittelgroßem Defizit oder mittelschweren Symptomen nach sechs Tagen und bei schweren Schlaganfällen nach zwölf Tagen.

Patienten und Methodik: SAMUARI-AF war eine prospektive multizentrische Beobachtungsstudie in Japan [3], die 1.192 Patienten mit Vorhofflimmern und akutem ischämischen Insult oder TIA einschloss. Verglichen wurden Patienten, die innerhalb der ersten drei Tage ein NOAK erhalten hatten, und Patienten, die ab dem vierten Tag antikoaguliert worden waren. Zielparameter der Studie waren Schlaganfälle oder systemische Embolien, schwerwiegende Blutungen und Todesfälle nach drei Monaten und nach zwei Jahren.

Ergebnisse: Bei 499 Patienten wurde im Krankenhaus eine Therapie mit einem NOAK initiiert. Dies geschah im Mittel nach vier Tagen. Bei 223 Patienten mit einem mittleren Alter von 74 Jahren erfolgte die Therapie am Tag drei oder früher und bei 276 Patienten mit einem mittleren Alter von 75 Jahren ab dem vierten Tag. Die Patienten in der frühen Behandlungsgruppe hatten mit 36 % versus 25 % häufiger kleine ischämische Defizite in der Bildgebung. Der NIHS-Score war auch mit 3 versus 5 geringer. Die orale Antikoagulation erfolgte bei 43 % der Patienten mit Dabigatran, bei 52 % mit Rivaroxaban und bei 5 % mit Apixaban. 6 % der Patienten erhielten einen Thrombozytenfunktionshemmer. Sowohl nach drei Monaten als auch nach zwei Jahren ergaben sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen für Schlaganfälle oder systemische Embolien, ischämische Schlaganfälle, TIA, intrakranielle Blutungen, schwerwiegende Blutungen und die Sterblichkeit.

Schlussfolgerung: Der Zeitpunkt des Beginns einer oralen Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern und TIA oder ischämischem Insult hat keinen ausgeprägten Einfluss auf die Rate ischämische Ereignisse oder schwerwiegende Blutungskomplikation nach drei Monaten und zwei Jahren.

Mizoguchi T, Tanaka K, Toyoda K et al. Early initiation of direct oral anticoagulants after onset of stroke and short- and long-term outcomes of patients with non-valvular atrial fibrillation. Stroke 2020; 5: 883-91