Fragestellung: Wie weit müssen die Serumspiegel von LDL-Cholesterin abgesenkt werden, um eine signifikante Reduktion erneuter ischämischer Ereignisse bei Patienten nach transitorischer ischämischer Attacke (TIA) oder ischämischem Insult zu erreichen?

Hintergrund: Fettstoffwechselstörungen sind ein Risikofaktor für einen ischämischen Insult und für erneute ischämische Insulte nach TIA oder Schlaganfall. Das Risiko ist insgesamt allerdings geringer als das Risiko für die koronare Herzerkrankung (KHK). Die Daten der SPARCL-Studie hatten gezeigt, dass die Gabe von 80 mg Atorvastatin das Risiko eines erneuten Schlaganfalls gegenüber Placebo um 20 % reduziert [1]. Unklar ist allerdings bisher der Zielkorridor bis zu dem der erhöhte LDL-Cholesterinspiegel gesenkt werden sollen. Dies wurde jetzt in der Studie "Treat Stroke to Target" untersucht.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine Studie, die in Frankreich und Südkorea durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Patienten, die entweder in den letzten drei Monaten einen ischämischen Insult oder innerhalb der letzten 15 Tage eine TIA erlitten hatten. Die erste Behandlungsgruppe wurde so therapiert, dass der LDL-Cholesterinspiegel unter 70 mg/dl lag. Für die Kontrollgruppe wurde ein LDL-Cholesterinzielbereich zwischen 90 und 110 mg/dl definiert. Die Behandlung erfolgte entweder mit Statinen oder, bei unzureichender Wirkung, zusätzlich mit Ezetimib. Der kombinierte primäre Endpunkt waren schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (ischämischer Insult, Myokardinfarkt, koronare Revaskularisierung, Operation oder Stenting der Arteria carotis interna und Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse.

Die Studie rekrutierte 2.860 Patienten, die über einen Follow-up-Zeitraum von 3,5 Jahren nachbeobachtet wurden. Die Patienten waren im Mittel 66 Jahre alt und 67,5 % waren Männer. Bei 86 % der Patienten lag ein ischämischer Insult vor und bei 14 % eine TIA. Bei insgesamt 17 % bestand eine KHK und mehr als 50 % waren bisher bezüglich ihrer Fettstoffwechselstörung nicht behandelt worden.

Bei Studieneinschluss betrug das LDL-Cholesterin 135 mg/dl und das Gesamtcholesterin 210 mg/dl. Für jede der beiden Behandlungsgruppen wurden jeweils 1.430 Patienten randomisiert. In der ersten Therapiegruppe wurde ein LDL-Cholesterinspiegel von 65 mg/dl erreicht und der zweiten Behandlungsgruppe von 96 mg/dl.

Der primäre Endpunkt trat bei 121 Patienten (8,5 %) in der Gruppe ein, bei denen niedrigere LDL-Cholesterinspiegel angestrebt wurden, und bei 156 Patienten (10,9 %) in der Gruppe, die höhere LDL-Cholesterinspiegel aufwiesen. Dies entspricht einer Hazard Ratio von 0,78 (95 %-Konfidenzintervall: 0,61-0,98; p = 0,04). Innerhalb des primären Endpunktes wurden 17 beziehungsweise 24 Todesfälle durch kardiovaskuläre Ereignisse beobachtet und 81 beziehungsweise 100 ischämische Insulte. Zerebrale Blutungen traten bei 1,3 % beziehungsweise 0,9 % der Patienten auf. Subgruppenanalysen zeigten, dass Patienten mit einem ischämischen Insult einen höheren therapeutischen Nutzen aus der lipidsenkenden Therapie zogen als Patienten mit einer TIA.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten, die im Rahmen einer atherosklerotische kardiovaskulären Erkrankung (ASCVD) einen ischämischen Insult oder eine TIA erlitten haben, führt eine Senkung des LDL-Cholesterins in einen Bereich unterhalb von 70 mg/dl zu einem niedrigeren Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse als ein Zielwertkorridor zwischen 90 und 110 mg/dl.

Amarenco P, Kim JS, Labreuche J et al. A Comparison of two LDL cholesterol targets after ischemic stroke. N Engl J Med 2020; 382: 9